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Die Reform der Grundsteuer: Das kommt auf Eigentümer und Mieter zu
Die Grundsteuer gilt als die älteste Steuer überhaupt und wird seit dem Mittelalter auch in Deutschland erhoben. Sie erfreut sich vor allem bei den Städten und Gemeinden großer Beliebtheit: Jedes Jahr spült sie etwa 14 Milliarden Euro in ihre Kassen. Dieses Geld wird von den Wohnungs- und Hauseigentümern gezahlt. Bei Mietwohnungen sind jedoch de facto die Mieter diejenigen, die die Grundsteuer aufbringen, da sie in der Regel von den Vermietern im Rahmen der Betriebskosten auf sie umgelegt wird.
Das bislang gültige Verfahren, um die Höhe der Grundsteuer zu ermitteln, ist seit Jahrzehnten dasselbe: Der Wert eines Grundstücks drückt sich im Steuerrecht im sog. Einheitswert aus. Dieser Einheitswert wurde in Ostdeutschland 1935 und in Westdeutschland 1964 festgelegt und seitdem nicht mehr an die tatsächliche Wertentwicklung angepasst.
Dieser Missstand soll nun ein Ende haben:
Am 10. April 2018 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass bis Ende 2019 eine Neuregelung geschaffen worden sein muss. Anderenfalls gebe es für die Erhebung der Grundsteuer ab 2020 keine Rechtsgrundlage mehr (Az. 1 BvL 11/14, 1 BvR 889/12, 1 BvR 639/11, 1 BvL 1/15, 1 BvL 12/14).
Hektische Betriebsamkeit führte zu einer Entscheidung
Es dauerte eine Weile, bis sich die Diskussion zwischen dem Bund und den Ländern über die künftige Struktur der Grundsteuer in geordneten Bahnen bewegte. Doch am 18. Oktober 2019 war es soweit: Der Bundestag verabschiedete ein Gesetzpaket, das sich aus drei miteinander verbundenen Gesetzentwürfen zusammensetzt. Dabei handelt es sich um
- das Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts,
- das Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung sowie
- das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes.
Lange Zeit war umstritten, ob die anstehende Reform sich an der Fläche oder dem Wert orientieren sollte. Letzten Endes ist die Entscheidung zugunsten einer wertbasierten Bemessungsgrundlage gefallen.
Jetzt steht noch die Zustimmung des Bundesrats aus, die am 8. November 2019 erfolgen soll. Sie wird allgemein als Formsache betrachtet.
Alte und neue Grundsteuerermittlung – eine kurze Gegenüberstellung
Bisher wurden die Grundsteuer so ermittelt:
Der bereits oben angesprochene Einheitswert ist nur eine Komponente, die bislang zur Ermittlung der Grundsteuerhöhe beigetragen hat. Das zuständige Finanzamt errechnet auf der Grundlage des Einheitswerts mithilfe einer Grundsteuermesszahl den Grundsteuermessbetrag. Letztlich ist jedoch die Höhe des Hebesatzes ganz entscheidend: Er wird in den kommunalen Satzungen festgelegt und liegt aktuell zwischen 0 und bis zu 995 Prozent. Für Immobilien mit einem identischen Einheitswert ist also für die Höhe der Grundsteuer ihre Lage ausschlaggebend.
Beispiel: Das Finanzamt hat für ein Doppelhaus einen Einheitswert von 60.000 Euro festgelegt. Bei Zweifamilienhäusern beträgt die Grundsteuermesszahl 3,1 ‰. Daraus ergibt sich ein Steuermessbetrag von 186 (60.000 Euro x 0,0031). Der Steuermessbetrag wird dann mit dem kommunalen Hebesatz multipliziert. Zum Vergleich: Für dieses Beispielhaus mussten 2018 in Witten (NRW, ca. 96.000 Einwohner) bei einem Hebesatz von 910 % 1.692, 60 Euro und in Osnabrück (Niedersachsen, ca. 165.000 Einwohner) bei einem Hebesatz von 460 % 855,60 Euro Grundsteuer gezahlt werden.
So erfolgt die Grundsteuerermittlung in Zukunft:
Es wird weiterhin ein dreistufiges Berechnungsverfahren geben, das eine Bewertung der Immobilie, den Steuermessbetrag sowie den örtlichen Hebesatz beinhaltet. Für die Wertermittlung werden der Wert des Bodens und die durchschnittliche Miete herangezogen. Stichtag für die Neubewertung der Grundstücke ist der 1. Januar 2022. Dieses Vorgehen des Bundesfinanzministers löste die Kritik mehrerer Landesfinanzminister aus. Sie bemängeln den immensen Aufwand, der für die Neubewertung betrieben werden muss und befürchten höhere Grundsteuern und damit auch höhere Mieten.
Um eine Erhöhung der steuerlichen Belastung der Bürger zu vermeiden, wird die derzeitige Steuermesszahl so weit gesenkt, dass sich die Grundsteuerreform aufkommensneutral auswirken soll.
Die Kommunen können in Zukunft nicht bebaute, aber baureife Grundstücke mit einem erhöhten Hebesatz belegen. Mit der neuen als „Grundsteuer C“ bezeichneten Einnahmeart sollen Grundstückseigentümer dazu motiviert werden, sich schneller für eine Bebauung zu entscheiden. Die Grundsteuer C ist grundsätzlich nichts Neues; sie wurde bereits 1961 und 1962 erhoben, jedoch wegen ihrer geringen Steuerungswirkung (zu viele Ausnahmen und die Möglichkeit der Gemeinden, sie durch niedrige Hebesätze auszuhebeln) wieder abgeschafft.
Den Ländern wurde bis zum 31. Dezember 2024 Zeit gegeben, eigene Regelungen vorzubereiten, die vom Bundesrecht abweichen. Die künftig geltenden landes- oder bundesgesetzlichen Vorgaben werden dann ab dem 1. Januar 2025 gültig sein. Bis dann gilt weiterhin das bisherige Recht.
Wird die Grundsteuer in Zukunft überall gleich ermittelt werden?
Davon ist nicht auszugehen. Dem Drängen der CSU nach einer Öffnungsklausel wurde nachgegeben, sodass mit einer Art steuerrechtlichem Patchwork zu rechnen ist. Das Land Bayern bevorzugt zum Beispiel ein Flächenmodell, das ausschließlich die Grundstücksgröße heranziehen soll.
Da wie bisher an den Hebesätzen festgehalten werden wird, sind die Kommunen diejenigen, die maßgeblichen Einfluss auf die Höhe der Grundsteuer haben werden. Der Bund der Steuerzahler geht davon aus, dass die Wertsteigerung der Grundstücke im Laufe der letzten Jahre zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage führt, weil die Bodenrichtwerte und Nettokaltmieten in die Bewertung einfließen. Wollen die Kommunen also vermeiden, dass ihre Bürger durch höhere Grundsteuern belastet werden, müssten sie die Hebesätze senken. Ob sie das tun werden, bleibt abzuwarten.
Ebenso unklar ist deshalb auch, wer künftig mit einer höheren Steuerbelastung rechnen muss – oder sogar mit einer niedrigeren Grundsteuer. Der Deutsche Städtetag versucht, den Steuerpflichtigen die Angst vor einer höheren Steuerlast zu nehmen. Sein Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy betonte in diesem Zusammenhang, dass „die Städte ihre örtlichen Hebesätze rechtzeitig anpassen“ würden.
Profitieren die Bürger von der Grundsteuerreform?
Das ist noch unklar. Das Modell des Bundesfinanzministers hat die Nachteile, die bereits oben beschrieben wurden. Sein Vorschlag zieht auch deshalb Kritik auf sich, weil er mit einem immensen Verwaltungsaufwand verbunden ist, der mit dem derzeitigen Personal kaum zu bewältigen ist.
Allerdings hat auch das u. a. von Bayern bevorzugte Flächenmodell seine Tücken: Da gleich große Grundstücke unabhängig von ihrer Lage gleich behandelt werden würden, spielte es keine Rolle, ob sich diese in der hochpreisigen Münchner City oder in einem entlegenen Alpendorf befinden.
Von Gerechtigkeit sind beide Varianten ein ganzes Stück entfernt.
Weitere Informationen zur Grundsteuerreform: hausbauberater.de/bauwissen/grundsteuerreform