Im privaten Baurecht werden die Beziehungen zwischen dem Bauherrn und den anderweitig am Bauvorhaben beteiligten Personen geregelt, im Nachbarrecht die Rechtsbeziehungen zwischen Grundstücksnachbarn. Obwohl die Regelungsmaterie also eine etwas andere ist, ist das Nachbarrecht auch Bestandteil des privaten Baurechts. Die einzelnen Regelungsgegenstände finden sich überwiegend im Bürgerlichen Gesetzbuch.
Die einzelnen Regelungsgegenstände beim Nachbarrecht
Beim Nachbarrecht geht es oftmals um banale Streitigkeiten zwischen den Nachbarn z. B. wegen eindringender Wurzeln oder Zweigen, die über die Grundstücksgrenze hinausragen. Aber auch Fragen des Grenzabstandes von Hecken und Zäunen spielen im Bereich des Nachbarrechts häufig eine Rolle.
Generell lässt sich sagen, dass das private Baurecht in Form des Nachbarrechts berührt wird, wenn Sie als Grundstückseigentümer durch das Grundstück Ihres Nachbarn eine Beeinträchtigung erfahren. Jeder Grundstückseigentümer hat zwar fundamentale Rechte, aber diese reichen nur soweit, wie die Rechte Dritter nicht entgegenstehen. Die entscheidende Norm ist hier die des § 903 BGB: Danach kann der Grundstückeigentümer mit seinem Eigentum grundsätzlich nach Belieben verfahren, also auch andere von jeder Einwirkung auf sein Grundstück ausschließen. Es dürfen nur nicht das Gesetz oder eben Rechte Dritter, im Regelfall die des Nachbarn, entgegenstehen. Damit ist § 903 BGB eine wesentliche Ausgangsnorm für das Nachbarrecht, die §§ 903-923 BGB sowie § 1004 BGB beinhalten das komplette Normengefüge des im BGB geregelten Nachbarrechts.
Konkret werden diese einzelnen Fallkonstellationen behandelt:
- § 906 BGB: Zuführung unwägbarer Stoffe
- § 907 BGB: gefahrdrohende Anlagen
- § 908 BGB: drohender Gebäudeeinsturz
- § 909 BGB: Vertiefung
- § 910 BGB: Überhang von Wurzeln und Zweigen
- § 911 BGB: Überfall von Früchten
- § 912 bis 916: Überbau
- § 917-918 BGB: Notwegerecht
- § 920 BGB: Grenzverwirrung
- § 921, 922 BGB: gemeinschaftliche Benutzung von Grenzanlagen
- § 923 BGB: Grenzbaum
Die Vorschriften der §§ 906-923 BGG enthalten insoweit relativ konkrete Regelungen. Als Beispiel soll hier der in § 912 BGB normierte Überbau erwähnt werden:. Wenn Sie als Bauherr bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze zu Ihrem Grundstücksnachbarn bauen, liegt tatbestandlich ein sog. Überbau vor. Kann Ihnen hierbei kein Vorsatz oder keine grobe Fahrlässigkeit unterstellt werden, dann hat Ihr Nachbar sogar den Überbau zu dulden. Das mag auf den ersten Blick ungerecht erscheinen, da der Nachbar als Eigentümer gem. § 903 BGB hierdurch beeinträchtigt wird; gem. § 903 BGB kann der Eigentümer nämlich grundsätzlich jeden Dritten von der Einwirkung auf sein Eigentum ausschließen. Warum gilt das nicht im Falle des Überbaus? Würde in jedem Fall der § 903 BGB angewendet werden, müssten Bauherren gegebenenfalls Ihre bauliche Anlage zurückbauen; dies käme oftmals einem Abriss gleich und wäre auch unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber hat hier jedoch für eine ausgleichende Gerechtigkeit gesorgt: Wenn Ihrem Nachbarn der Überbau auffällt, dann sollte er vor oder sofort nach der (begonnenen) Grenzüberschreitung Widerspruch einlegen. Dann könnten Sie als Bauherr noch relativ leicht die Folgen der Grenzüberschreitung beseitigen und wären somit nicht mehr so schutzwürdig. Bei dieser Fallkonstellation entfällt dann auch die Duldungspflicht des Grundstücksnachbarn. Der Überbau muss nicht geduldet werden; eben weil ja ein Rückbau in diesem frühen Stadium noch verhältnismäßig leicht möglich wäre. Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig über die Grenze des Nachbarn hinweg baut, ist ohnehin nicht schutzwürdig (vgl. insgesamt § 912 Abs. 1 BGB). Widerspricht der Grundstücksnachbar aber nicht der Grenzüberschreitung, muss er zwar den Überbau dulden, aber zumindest ist er durch eine Geldrente zu entschädigen (vgl. § 912 Abs. 2 S. 1 BGB).
Der Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch des § 1004 BGB
Die Frage ist nun, was Sie als Grundstückeigentümer unternehmen können, wenn Ihr Grundstück durch das Nachbargrundstück beeinträchtigt wird. Dies könnte zum Beispiel durch die Zuführung unwägbarer Stoffe im Sinne des § 906 BGB wie Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Geräuschen usw eintreten. Solche Einwirkungen können Sie als Eigentümer grundsätzlich nicht verhindern, weil sie die Nutzung Ihres Grundstücks nur unwesentlich beeinträchtigen (vgl. § 906 Abs. 1 S. 1 BGB). In diesem Fall bestünde also eine Duldungspflicht. Überschreitet die Einwirkung aber bestimmte Grenzwerte, so liegt in der Regel keine unwesentliche Beeinträchtigung mehr vor (vgl. § 906 Abs. 1 S 2 BGB). Unterlässt Ihr Nachbar diese Einwirkungen nicht, so steht Ihnen der in § 1004 BGB festgelegte Beseitigungs- bzw. Unterlassungsanspruch zu: Wenn das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung und Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt wird, so können Sie als Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Kommen weitere Beeinträchtigungen hinzu, kommt eine Unterlassungsklage infrage. Diese Ansprüche sind jedoch ausgeschlossen, wenn eine Duldungspflicht besteht (§§ 906 ff BGB). Geht es beispielsweise um die Zuführung unwägbarer Stoffe, muss diese geduldet werden, wenn die Beeinträchtigung nur unwesentlich ist. Die Vorschrift des § 1004 BGB ist insgesamt eine bedeutende Norm innerhalb des Normengefüges des Nachbarrechts.
Nachbarrecht – was gilt für Garagen?
An der Frage, wie viel Abstand man beim Bauen zu seinem Nachbarn halten muss, hat sich schon mancher Nachbarschaftsstreit entzündet. Sehr oft werden aus solchen Streitigkeiten Gerichtsverfahren, die alle Beteiligten Zeit, Geld und Nerven kosten. Den meisten Bauherren ist bekannt, dass ihr Wohnhaus in der Regel mit mindestens drei Metern Abstand zum Nachbargrundstück gebaut werden darf. Ähnliches gilt für die Anpflanzung von Bäumen, Sträuchern oder Hecken entlang der Grenze zum Nachbarn: Hier ist die Höhe der Pflanzen dafür maßgebend, wie groß der Abstand sein muss.
Doch bei Garagen scheint vielen Menschen nicht bewusst zu sein, dass es ebenfalls Regelungen gibt, die eingehalten werden müssen, um nicht die Zahlung eines Bußgeldes oder gar den Abriss der Garage zu riskieren. Doch ob eine Garage gebaut, wie groß sie sein und sogar zu welchem Zweck sie genutzt werden darf, ist genau wie die Abstandsregelung beim Bau eines Hauses in den Landesbauordnungen der einzelnen Bundesländer geregelt. In den wesentlichen Kriterien gibt es durchaus Gemeinsamkeiten:
Grundsätzlich darf eine Garage genehmigungsfrei an der Grundstücksgrenze errichtet werden, ohne dass dabei spezielle Abstände eingehalten werden müssten. Allerdings gilt das nur für diejenigen Garagen, die als Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug genutzt werden. Soll die Garage für andere Zwecke verwendet werden, ist immer eine Baugenehmigung nötig.
Auch hinsichtlich der Garagengröße gibt es Einschränkungen, die sich jedoch in den einzelnen Bundesländern voneinander unterscheiden. Die meisten Länder schreiben vor, dass eine Garage, die an einer Grundstücksgrenze gebaut wird, auf einer Länge von höchstens 9 Metern entlang des Grenzverlaufs errichtet werden darf und die Außenwände eine Gesamtlänge von 15 Metern einhalten müssen. Einige Länder legen auch die maximale Höhe einer Garage fest.
Die Möglichkeiten, auf dem eigenen Grundstück eine Garage zu bauen, werden jedoch möglicherweise durch die örtlich gültigen Bebauungspläne eingeschränkt. Sie legen fest, auf welchen Grundstücken grundsätzlich gebaut werden darf und regeln Art und Umfang der zulässigen Bebauung. Vor dem Garagenbau ist also eine entsprechende Nachfrage beim zuständigen Bauamt zu empfehlen.
Wer ganz sicher gehen und sich den zeitlichen Aufwand für die Vorbereitungen des Garagenbaus ersparen möchte, kann hierfür einen Architekten oder Bauingenieur beauftragen. Seine Beratung umfasst auch ganz praktische Fragestellungen wie z. B. die optimale Größe der Garage oder deren Position auf dem Grundstück. Wenn keine individuell gefertigte, sondern eine Fertiggarage aufgestellt werden soll, empfiehlt es sich, den Hersteller um die Übergabe der benötigten Unterlagen zu bitten. Zahlreiche Garagenhersteller bieten sogar fertig ausgearbeitete Bauanträge an. Diese Hinweise zum Garagenbau entlang einer Grundstücksgrenze gelten im selben Umfang auch für Carports, die in den Landesbauordnungen in der Regel als „teilweise umschlossene Räume zum Abstellen von Kraftfahrzeugen“ definiert sind.
Landesrechtliche Vorschriften im Nachbarrecht
Die nachbarrechtlichen Normen des BGB sind insoweit ausgewogen und praktikabel für eine Vielzahl von möglichen Streitigkeiten. Aber auch außerhalb des Normengefüges des BGB finden sich noch weitere (ergänzende) Vorschriften in den einzelnen nachbarrechtlichen Kodifikationen der Länder.
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