Bauen in EinzelvergabeBei der Beurteilung, ob die Einzelvergabe beim Hausbau die für den Bauherrn günstigste Variante ist, scheiden sich die Geister. Im Wesentlichen kommt es dabei auf die Größe des Gebäudes und dessen Komplexität an. Handelt es sich um eine Immobilie, die sehr unterschiedliche Anforderungen erfüllen muss und sich in einzelne Gebäudetrakte gliedert, wird in der Regel die Einzelvergabe empfohlen. Bauwerke eines solchen Ausmaßes sind z. B. Pflegeheime oder Sanatorien, die von einem privaten oder öffentlichen Träger beauftragt und professionell betreut werden.

Gerade von einer solchen Professionalität kann bei einem vergleichsweise überschaubaren Bauvorhaben wie einem Einfamilienhaus jedoch in den meisten Fällen keine Rede sein. Hier stehen Privatpersonen, die sich ein eigenes Zuhause wünschen, auf der einen, und Profis wie Planer und Handwerksbetriebe auf der anderen Seite. In diesem Artikel soll es genau darum gehen: Eignet sich die Einzelvergabe für einen Bauherrn eines Eigenheims, der nicht über bauspezifische Kenntnisse verfügt?

Das müssen Sie wissen, bevor Sie sich für eine Einzelvergabe entscheiden

Auf den ersten Blick hat eine Einzelvergabe etwas Bestechendes: Sie gibt einem Auftraggeber die Möglichkeit, aus allen Angeboten die besten auszuwählen.

Doch schon hier beginnt es schwierig zu werden:

  • Was macht ein Angebot zu dem besten?
  • Ist es der Preis, der den Ausschlag gibt?
  • Oder bietet eine der Firmen hochwertigere Baustoffe an als die anderen?
  • Und was macht manche Materialien hochwertiger als andere?

Niemand, der nicht vom Fach ist, kann das beurteilen. Nur anhand des Preises zu entscheiden, wäre sicher eine schlechte Empfehlung. Also muss jemand beratend hinzugezogen werden, der das beurteilen kann. Hier kommt die Unterstützung durch einen unabhängigen Bauberater, Architekten oder Bauingenieur infrage. Er sollte im günstigen Fall jedoch schon beauftragt werden, wenn die Handwerksbetriebe zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden und die Anforderungen, die an jedes einzelne Gewerk gestellt werden, eindeutig formuliert werden müssen. Schon dieser Abschnitt kostet sehr viel Zeit, zumal auch die Überprüfung der Seriosität der Anbieter sowie die Vergabegespräche mit jeder einzelnen Firma sehr zeitaufwendig sind.

Wenn die Entscheidungen für die einzelnen Gewerke feststehen, muss mit jedem einzelnen Handwerksunternehmen ein Vertrag abgeschlossen werden. Das bedeutet, dass sowohl der den Bau begleitende Architekt als auch der Bauherr mehrere Ansprechpartner haben. Sobald die Kommunikation innerhalb eines Betriebs nicht optimal funktioniert, entsteht hier ein weiterer Zeitfresser.

Koordination und Kostenkontrolle – damit das Bauprojekt nicht aus dem Ruder läuft

Die Koordination der einzelnen Gewerke bleibt grundsätzlich in der Verantwortung des Bauherrn, wird aber üblicherweise an den Architekten abgegeben. Die Erfahrung zeigt, dass hier eine häufige Schwachstelle liegt: Kommt es zu einer Verzögerung, schiebt der auf den ersten Blick dafür verantwortliche Betrieb die Schuld auf das Unternehmen, das vor ihm auf der Baustelle war. Der nachfolgende Betrieb verweist ebenfalls auf seinen Vorgänger und darauf, dass er möglicherweise wegen anderer Aufträge seine Leistung nicht nur etwas verspätet erbringen kann, sondern sich seine Handwerker erst viel später wieder auf dem Bauplatz einfinden werden. An dieser Stelle bricht jede noch so gute Zeitplanung zusammen, und es entstehen unvorhergesehene Zusatzkosten, deren Höhe sich kaum einschätzen lässt.

Die Einzelvergabe birgt außerdem das Risiko, dass sich nur sehr schwer nachweisen lässt, welche Handwerksfirma für einen Baumangel verantwortlich ist. Das ist oft der Start in langwierige, zähe und teure Gerichtsverfahren mit einem ungewissen Ausgang. Für die Durchführung der ggf. nötigen Sanktionen gegenüber mangelhaft arbeitenden Firmen ist der Bauherr allein verantwortlich.

Die Kostenkontrolle ist ein weiterer wunder Punkt bei einer Einzelvergabe. Da die Fäden beim Bauherrn zusammenlaufen, hat nur er den vollen Überblick, wie sich die Kostenentwicklung während der Bauphase entwickelt und muss ggf. gegensteuern. Bei ihm liegt es dann auch, bei einer zu deutlichen Überschreitung des Kostenrahmens darüber zu entscheiden, an welchen Stellen beispielsweise einzelne Leistungsmerkmale gestrichen werden müssen. Dies ist eine derart zeitintensive Aufgabe, die außerdem fundierte Fachkenntnisse nötig macht, dass sie von vornherein an einen Experten abgegeben werden sollte – was selbstverständlich neue Kosten verursacht.

Der Bau kann zu einem Fiasko werden, wenn eine der beauftragten Firmen die Insolvenz beantragt. In diesen Fällen muss so schnell wie möglich für Ersatz gesorgt werden, um das Bauvorhaben nicht insgesamt zu gefährden. Der dann einspringenden Firma sind in der Regel der Grund der Beauftragung und die damit für den Bauherrn einhergehende Notlage bewusst – was sich häufig in deren Preisen niederschlägt.

Das spricht für eine Einzelvergabe

Der unmittelbare Einfluss, den ein Bauherr auf die Art der Ausführung seines Hauses hat, ist bei der Einzelvergabe am größten. Auch während der Bauphase kann er, soweit technisch und rechtlich möglich, Änderungen veranlassen.
Ein weiterer Vorteil ist auch, Firmen, mit denen in der Vergangenheit bereits gute Erfahrungen gemacht wurden, direkt beauftragen zu können. Das gilt auch für die  Wahl des Architekten, der bei anderen Projektvarianten vorgegeben wird. Diese Form der Einflussnahme gibt es bei allen anderen Arten der Projektabwicklung nicht.

 

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