Es ist eine klassische Situation: Sie als Bauherr haben einen Bauvertrag abgeschlossen, der Bauunternehmer beginnt zu bauen, irgendwann ist das Werk vollendet, aber Sie entdecken gravierende Baumängel. Die Frage ist, wie man jetzt am besten vorgeht. Die Beantwortung dieser Frage ist deshalb so wichtig, weil ein Fehler in dieser Situation fatale Konsequenzen haben kann.

Grundlagenwissen über Mängel am Bau

Bauunternehmer und Handwerker sind zur Beseitigung von Mängeln verpflichtet, die bei der Übergabe des Werkes bestehen oder im Rahmen der Gewährleistungszeit auftreten. Der Mängelbeseitigungsanspruch besteht unabhängig von einem Verschulden des Auftragnehmers. Eine Voraussetzung ist jedoch, dass der Auftragnehmer für diese Mängel verantwortlich ist. So sind z. B. Mängel, die durch die Erbringung von Eigenleistungen zustande kommen, nicht im Verantwortungsbereich des Auftragnehmers.

Eine Mangelbeseitigung erfolgt stets mit dem Ziel, den vereinbarten und somit vertraglich zugesicherten Zustand herzustellen. Definiert werden nach § 633 Abs. 2 BGB Mängel wie folgt:

  1. Die Beschaffenheit entspricht nicht den im Vertrag zugesicherten Eigenschaften.
  2. Die erbrachte Leistung ist nicht so beschaffen, wie man das Ergebnis üblicherweise erwartet hätte und/ oder ist für die normale Nutzung ungeeignet.
  3. Es liegt ein Rechtsmangel vor. Dies könnte z. B. ein Verstoß gegen das Urheberrecht von Architekten sein.

Wichtig:

  • Sichtbare Mängel müssen bei der Bauabnahme unbedingt angezeigt und protokolliert werden. Mängel, die erst später erkannt werden, müssen unverzüglich angezeigt werden. In beiden Fällen muss mit der Mängelanzeige auch eine Aufforderung zur Beseitigung verbunden werden.
  • Sofern sich der Auftragnehmer darauf bezieht, dass ein Anspruch auf Mängelbeseitigung ausgeschlossen sei, sollte dies juristisch geprüft werden. In vielen Fällen sind derartige Vertragsklauseln unwirksam.

Die Mängelrüge

Es ist keine Frage: Sie müssen den Mangel ordnungsgemäß rügen. Aber wie? Der Bauherr sieht beispielsweise Risse in der Fassade, weiß aber nicht deren eigentliche Ursache. Muss die Ursache angegeben werden oder ist es ausreichend, wenn einfach der „erkennbare Teil des Mangels“ gerügt wird?

Diese Frage hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung (Aktenzeichen X ZR 101/06) geklärt:

Die eigentliche Mangelursache muss nicht mitgeteilt werden. Es ist sogar unschädlich, wenn diese falsch angegeben wird. Entscheidend ist, dass die „Symptome“ des Mangels so präzise wie möglich geschildert werden. Im vorliegenden Fallbeispiel waren es die Risse in der Fassade. Zu einer präzisen Beschreibung der „Mängelsymptomatik“ gehört dann selbstverständlich eine ungefähre Angabe über die Länge und Breite dieser Risse und der Stellen, an denen diese aufgetreten sind. Zunächst ist dem Werkunternehmer dann eine Nachbesserung gem. § 635 BGB einzuräumen. Mit der Mängelrüge sollte ihm daher eine angemessene Frist zu dieser Nachbesserung eingeräumt werden. Eine derartige Vorgehensweise wahrt zunächst einmal alle Rechte des Bauherrn unabhängig davon, welche Gewährleistungsansprüche er später gegebenenfalls geltend machen will. Ganz wichtig: Die oben beschriebene Vorgehensweise müssen Sie als Bauherr zwingend einhalten.

Ab wann liegt denn überhaupt ein Mangel vor?

Sachmangel

Die Definition des Sachmangels ergibt der Umkehrschluss aus § 633 Abs. 2 BGB. Hierbei wird im Wesentlichen unterschieden zwischen dem Beschaffenheitsmangel und dem Verwendungsmangel. Den Fall des Beschaffenheitsmangels erwähnt § 633 Abs. 2 S. 1 BGB. Hiernach ist das Werk frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Ist dies nicht der Fall, so leidet das Werk eben unter einem sog. Beschaffenheitsmangel.

Der Verwendungsmangel findet sich in § 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 2 BGB: Wenn die Beschaffenheit nicht ausdrücklich vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln, sofern

  • es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet oder
  • es sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine übliche Beschaffenheit aufweist, die der Besteller erwarten kann.

Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, liegt ein sog. Verwendungsmangel vor.

Beschaffenheitsmangel

Zur Beschaffenheit einer baulichen Anlage gehören alle Eigenschaften des Bauwerks, die den vertraglich geschuldeten Erfolg betreffen. Gegenstand einer oftmals stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung sind immer die anerkannten Regeln des Bauhandwerks, d. h. insbesondere die DIN-Normen, Unfallverhütungsvorschriften sowie europäische Normen. Ein Bauwerk, das nicht entsprechend den Regelungen der DIN-Normen errichtet worden ist, weist demzufolge bereits einen Mangel auf ohne dass schon ein (sichtbarer) Schaden eingetreten ist. Mit anderen Worten: Wird gegen die anerkannten Regeln der Baukunst gebaut, ist das Werk schon aus diesem Grund mit einem Mangel behaftet.

Verwendungsmangel

Ist die bauliche Anlage nicht funktionstauglich, dann liegt ein Mangel im Sinne der Nr. 1 des § 633 Abs. 2 S. 2 BGB vor. Ein Beispiel wäre hier die Unbewohnbarkeit der errichteten baulichen Anlage auf Grund massiven Grundwassereintritts wegen eines mangelhaften Fundaments. Alle anderen Mängel fallen unter die Nr. 2 des § 633 Abs. 2 S. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift muss die bauliche Anlage bewohnbar sein und die übliche zu erwartende Beschaffenheit aufweisen. Auch insoweit kann der Bauherr ein den Regeln der Baukunst errichtetes Gebäude verlangen. Ist zum Beispiel seitens des Bauunternehmers eine notwendige Drainage nicht oder nicht fachgerecht verlegt worden und dringt Nässe in die Kellergewölbe ein, so liegt ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Baukunst und/oder DIN-Normen vor, der sich in einem sichtbaren Mangel manifestiert. Hier ist die bauliche Anlage zwar funktionstauglich, aber die Soll-Beschaffenheit weicht von der Ist-Beschaffenheit ab; insbesondere ist ein sichtbarer Schaden eingetreten. Das Bauwerk weist folglich nicht die übliche Beschaffenheit auf.

Der Fall des § 633 Abs. 2. S. 3 BGB, nämlich der Fall, dass der Bauunternehmer ein anderes Werk als das bestellte oder das Werk in zu geringer Menge herstellt, ist für Sie als Bauherr nicht so praxisrelevant. Als Faustformel gilt: Jede Abweichung der Ist-Beschaffenheit des errichteten Gebäudes von der Soll-Beschaffenheit stellt einen Sachmangel dar. Soweit dieser sichtbar ist, müssen Sie ihn rügen.

Arten der Mängelbeseitigung

Das Recht auf eine Mängelbeseitigung (Nacherfüllung) ergibt sich aus § 635 Abs. 1 BGB. Er muss alle mit der Nacherfüllung in Verbindung stehenden Kosten übernehmen. Sollte der Mangel nicht durch eine Reparatur behoben werden können, ergibt sich ein Schadensersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4 Var. 1 BGB. Dies gilt auch, wenn

  • die Reparaturkosten unverhältnismäßig hoch sein würden.
  • eine Mängelbeseitigung objektiv unmöglich ist.
  • aus unbestimmten Gründen dem Auftragnehmer nicht zuzumuten ist.
  • wiederholt fehlgeschlagen ist.

Sofern sich das Bauunternehmen oder der Handwerker der Mangelbeseitigung widersetzt, kann der Auftraggeber den Mangel auf dessen Kosten selbst beseitigen (lassen). Dafür müssen die Fristen zur nachweislich erfolgten Aufforderung zur Mängelbeseitigung abgelaufen sein.

Wichtig:

  1. Wird ein Unternehmen mit der Mangelbeseitigung beauftragt, können dessen Kosten komplett eingefordert werden.
  2. Beseitigt der Betroffene den Mangel selbst, so können Kosten für Materialbeschaffung (inkl. Transportkosten) und die aufgewandte Arbeitszeit berechnet werden.

Weitere Rechte des Auftraggebers bei Mängeln

1. Rücktritt

Kommt der Auftragnehmer nicht innerhalb einer angemessenen Frist einer Mangelbeseitigung nach, kann der Auftraggeber das Vertragsverhältnis auflösen.

2. Minderung

Die Voraussetzungen für eine Minderung sind mit dem Punkt 1 (Rücktritt identisch). Statt aber zu kündigen, macht er von seinem Minderungsrecht gemäß § 638 Abs. 1 BGB Gebrauch.

 

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