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Erbbaurecht - das Eigenheim auf gepachtetem Grundstück bauen

Wenn ein Haus gebaut werden soll, gehört das Baugrundstück spätestens mit der Fertigstellung des Gebäudes in der Regel der Person oder Firma, die darauf bauen will. Das BGB trifft hier in seinen §§ 93 und 94 die klare Festlegung, dass alles, was mit dem Erdboden fest verbunden ist, dem Grundstückseigentümer gehört. Ganz anders verhält es sich mit dem Erbbaurecht.

Erbbaurecht - Eigentum am Grundstück auf Zeit

Das  Erbbaurecht stellt das Eigentumsrecht quasi auf den Kopf. Hier hat man das Eigentum an seinem Haus, das sich auf einem fremden Grundstück befindet. Dafür zahlt der Hauseigentümer regelmäßig eine Art Pacht, die nach den Vorgaben des Erbbaurechtsgesetzes (ErbbauRG) als Erbbauzins bezeichnet wird.
Um ein solches Nutzungsverhältnis zu begründen, wird zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten ein Erbbaurechtsvertrag abgeschlossen, der in das Grundbuch eingetragen werden muss. Hierfür gibt es ein eigenes Grundbuchblatt, das Erbbaugrundbuch. Der Grundstückseigentümer kann hiermit eigentumsrechtlich wie mit einem „normalen“ Grundstück umgehen: Es steht ihm frei, ob er es verkauft, mit einer Hypothek belastet oder vererbt.

Der Erbbaurechtsvertrag

Ein Erbbaurechtsvertrag wird immer für einen bestimmten Zeitraum geschlossen und erlischt automatisch nach dessen Ablauf. Nach dem Auslaufen der Vertragsdauer erhält der Erbbauberechtigte eine Entschädigung für seine Gebäude, die auf dem Grundstück stehen. Eine Pflicht, sie abzureißen, besteht nicht. Die Gebäude haben dabei einen jeweils unterschiedlichen Status: Während der Vertragslaufzeit sind sie nicht ein Bestandteil des Grundstücks, sondern des Erbbaurechts. Ist der Vertrag erloschen, gelten sie als feste Bestandteile des Grundstücks und gehen in das Eigentum des Grundstücksinhabers über.
Das ErbbauRG sieht für die Vertragsparteien einen Gestaltungsspielraum vor. So steht es ihnen frei, eine beliebige Vertragsdauer zu vereinbaren, auch unbefristete Verträge sind möglich. In Deutschland haben die meisten Erbbauverträge eine Laufzeit von 99 Jahren. Es ist ebenso möglich, eine Option für eine Erneuerung des Vertrages zu verabreden. In manchen Erbbaurechtsverträgen wird festgeschrieben, dass nach dem Ende der Erbbauzeit der Grundstückseigentümer das Grundstück an den Erbbauberechtigten verkaufen muss.
Auch hinsichtlich des Erbbauzinses gibt es keine rechtlichen Vorgaben. Die meisten Verträge beinhalten allerdings eine Wertsicherungsklausel, wonach alle drei bis fünf Jahre der Erbbauzins an die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes angeglichen wird. Da die Verbraucherpreise in den meisten Jahren steigen, erhöht sich deshalb auch der Erbbauzins.

Worauf bei der Vertragsgestaltung geachtet werden muss:

  • Entschädigung bei Rückgabe des Grundstücks
    Es müssen Angaben zur Höhe der Entschädigung, die der Erbbaurechtgeber bei der Rückgabe des Grundstücks an den Erbbauberechtigte/Erbbaurechtsnehmer für die Immobilie zahlt, enthalten sein. Das gilt nicht nur für das fixierte Ende der Laufzeit, sondern auch für die Zeiträume zwischen Vertragsbeginn und Vertragsende, damit es z. B. bei einem Heimfall nicht zu Streitigkeiten über den Gebäudewert kommt.

  • Heimfall
    Aus dem Vertrag sollten die Gründe, die zu einem Heimfall führen können, genau hervorgehen; das gilt auch für die Nennung derjenigen Gründe, die keinen Heimfall nach sich ziehen. Erbbauberechtigte/Erbbaurechtsnehmer müssen darauf hinwirken, dass ein Eigenbedarf des Grundstückseigentümers nicht zu einer Rückgabe führen kann.

  • Zwangsversteigerung
    In den Vertrag gehört auch die Regelung, was im Fall einer Zwangsversteigerung passieren soll:
    Diese Situation führte oft dazu, dass  das der Erbbaurechtgeber sein Recht auf den Erhalt sowie die Erhöhung des Erbbauzinses verlor. Diese Folgen können von vornherein ausgeschlossen werden.

  • Wertsicherungsklausel
    Erbbauberechtigte/Erbbaurechtsnehmer müssen auch bei der Formulierung der Wertsicherungsklausel aufmerksam sein. § 9a der Erbbaurechtsverordnung spricht bei der Höhe der Anpassung nur davon, dass sie nicht die „allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse“ übersteigen darf. Sie sollte sich nach einem amtlichen Index wie z. B. dem durch das Statistische Bundesamt ermittelten Verbraucherpreisindex richten. Wird die Koppelung an den örtlichen Mietspiegel vereinbart, ist dies für den Erbbaurecht-Nehmer in der Regel ein Nachteil.

  • gewerbliche Nutzung
    Eine ebenfalls vor allem für Erbbauberechtigte/Erbbaurechtsnehmer interessante Vertragsoption ist die Vereinbarung, dass für die Immobilie auch eine gewerbliche Nutzung möglich ist. Das macht das Gebäude attraktiver, falls es verkauft werden sollte.

  • öffentliche Lasten
    Die Aufteilung der öffentlichen Lasten (Erschließungskosten) gehört unbedingt in einen Erbbaurechtsertrag.

  • Kauf des Grundstücks
    Manche Grundstückseigentümer möchten, dass sich der Erbbauberechtigte/Erbbaurechtsnehmer zum Kauf des Grundstücks verpflichtet, wenn sie es von ihm verlangen. Hierfür sollten im Vertrag klare Fristen genannt werden. In diesem Zusammenhang ist auch festzulegen, wie dann der Grundstückspreis ermittelt werden soll.

Erbbaurecht und  Steuer

Grunderwerbsteuer

Für den Erwerb eines Erbbaurechts wird eine Grunderwerbsteuer erhoben. Die Berechnungsgrundlage im Erbbaurecht ist der Kapitalwert des Erbbauzinses, der sich nach der Anlage 9a zu § 13 des Bewertungsgesetzes (BewG) bemisst (www.gesetze-im-internet.de). Berechnungsbeispiel für ein Erbbaurecht mit einem monatlichen Erbbauzins von 100 € und einer Laufzeit von 99 Jahren:

  • Erbbauzins Jahreswert: 100 € X 12 Monate = 1.200 €
  • Kapitalwert gem. Anl. 9a für 99 Jahre: 18,539
  • Gegenleistung: 1.200 € X 18,539 = 22.246,80 €
  • Grunderwerbsteuer: 22.246,80 € X 5 % (z. B. Baden-W., Bremen): 1.112,34 €

Grundsteuer

Die Zahlung der Grundsteuer obliegt dem Erbbauberechtigten (Erbbaurechtsnehmer)

Was man über das Erbbaurecht wissen sollte:

  • Vorteile aus der Sicht des Erbbauberechtigten (Erbbaurechtsnehmer)
    Für das Wohnen im Eigenheim wird weniger Kapital benötigt, da nur die Baukosten aufgebracht werden müssen. Somit sinkt die Kreditbelastung erheblich und der Hausbau wird auch für Personen mit wenig Eigenkapital möglich. Das Grundstück wird zu einem geringen Erbbauzins genutzt. Er beträgt in der Regel jährlich 3-5 % des Verkehrswerts des Grundstücks. Durch die Eintragung des Erbbaurechts ins Grundbuch hat der Erbbauberechtigte Rechtssicherheit. Das Erbbaurecht ist vererbbar, beleihbar und übertragbar. Für die Beleihung ist die Zustimmung des Grundstückseigentümers notwendig, der  diese nur „aus wichtigem Grund“ verweigern darf und die nötigenfalls eingeklagt werden kann. Die Rechte am Haus verbleiben beim Erbbauberechtigten. Wird die Immobilie vermietet, kann der Erbbauberechtigte/Erbbaurechtsnehmer die von ihm zu zahlenden Erbbauzinsen steuerlich als Werbungskosten in der Rubrik „Einkünfte aus Vermietung“ geltend machen. Erbbauzinsen, die für mehrere Jahre in einem Gesamtbetrag gezahlt werden, werden steuerlich entsprechend aufgeteilt. Muss für diesen größeren Betrag ein Kredit aufgenommen werden, sind auch die Schuldzinsen gleichermaßen absetzbar.

  • Nachteile aus der Sicht des Erbbauberechtigten (Erbbaurechtsnehmer)
    In den meisten Fällen enthalten Erbbaurechtverträge eine Wertsicherungsklausel. Sie bewirkt ein allmähliches Ansteigen des Erbbauzinses über die Vertragslaufzeit. Dieses Modell ist deshalb vor allem in Phasen mit hohen Kreditzinsen günstig. Der Verkauf der Immobilie wird immer schwerer, je weiter die Vertragslaufzeit fortgeschritten ist. Die Dauer eines Erbbaurechts ist so gut wie immer länger als die übliche Zeitspanne für den Abtrag einer Hypothek, allerdings gehört das Grundstück weiterhin dem Erbbaurechtgeber. Die Pflichten am Haus verbleiben beim Erbbauberechtigten/Erbbaurechtsnehmer. Es muss auf die Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen geachtet werden. Anderenfalls kann es zu einem sog. Heimfall kommen: Damit ist gemeint, dass das Grundstück vor dem Ende der Vertragslaufzeit in den Besitz des Grundstückseigentümers zurückfällt, der dann dem Erbbauberechtigte/Erbbaurechtsnehmer eine Entschädigung für das Gebäude zahlen muss. Durch die notarielle Beurkundung entstehen Notarkosten in Höhe von 80 % des Verkehrswerts oder des 25-fachen des pro Jahr vereinbarten Erbbauzinses.

  • Vorteil aus der Sicht des Erbbaurechtsgebers
    Das Grundstück bleibt sein Eigentum und er erzielt regelmäßige Einnahmen.

  • Nachteile aus der Sicht des Erbbaurechtsgebers
    Sollte der Grundstückseigentümer nach Vertragsende oder Heimfall keine Entschädigung für die Immobilie gezahlt haben, wirkt sich das als steuerpflichtige Einnahme aus Nutzungsüberlassung aus. Das Grundstück kann über einen langen Zeitraum nicht selbst genutzt werden.Bei der Rückgabe des Grundstücks (durch Zeitablauf oder Heimfall) übernimmt der Erbbaurecht-Geber nicht nur die Immobilie, sondern auch alle mit ihr zusammenhängenden Belastungen.

    Gut zu wissen: Genau wie ein "normales" Grundstück kann ein Erbbaurecht-Grundstück verschenkt werden. Dazu ist ein notariell beurkundeter Vertrag nötig, der Beschenkte übernimmt alle Rechte und Pflichten. Auch im Falle des Todes des Eigentümers eines Erbbaurecht-Grundstücks wird dieses genau so vererbt wie jedes andere Grundstück. Bei einer Schenkung fällt ggf. Schenkungssteuer an.

Entstehung des Erbbaurechts  und ErbbauRG (Erbbaurechtsgesetz)

Auf den ersten Blick erscheint es merkwürdig, dass es eine solche Regelung gibt, die den Vorgaben des BGB deutlich zuwiderläuft. Dieser Widerspruch erklärt sich jedoch mit einem Blick auf die Entstehung des Erbbaurechts und des ErbbauRG: Das Erbbaurecht wird auch als vorkonstitutionelles Recht bezeichnet, entstand also bereits vor dem Inkrafttreten der heutigen Verfassung, dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Mit diesem damals neuen politischen Instrument wollte man einerseits der drängenden Wohnungsnot entgehen und den Hausbau fördern, aber andererseits auch den Bodenspekulationen die Grundlage entziehen. Der Rat der Volksbeauftragten, der unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg über die höchste Regierungsgewalt verfügte, erließ deshalb die „Erbbaurechtsverordnung (ErbbauVO)“, die die Stellung einer Verordnung mit Gesetzesrang hatte. Da in ihr kein Widerspruch zum Grundgesetz gesehen wurde, galt sie gem. Art. 123 Grundgesetz (GG) fort. Der Art. 125 GG ordnete sie den Bundesgesetzen zu und stufte sie als Parlamentsgesetz ein. Im November 2007 wurde eine umfangreiche Rechtsbereinigung durchgeführt, die auch dazu diente, missverständliche Bezeichnungen von Rechtsvorschriften anzugleichen. Seitdem hat die frühere Erbbaurechtsverordnung den Titel „Gesetz über das Erbbaurecht (Erbbaurechtsgesetz)“.

 

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