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Möglichkeiten und Verfahren zur außergerichtlichen Beilegung von Baustreitigkeiten

Für viele Baustreitigkeiten am Bau ist eine außergerichtliche Streitbeilegung möglich und sinnvoll. Wir zeigen Ihnen auf, welche Möglichkeiten es gibt, um Streitigkeiten am Bau ohne Gericht zu befrieden.

Warum bei Baustreitigkeiten der Gang zum Gericht nicht immer sinnvoll ist:

Das Konfliktpotenzial im Zusammenhang mit Bauleistungen ist unverändert hoch, die Gründe hierfür können sehr unterschiedlich sein. Doch mit einem Gang vor ein Gericht ist den Vertragsparteien nicht unbedingt gedient:

  • Wie lange eine Bauprozess in der Regel dauert:
    Im günstigen Fall endet der Prozess bereits nach der Entscheidung der ersten Instanz (in der Regel das Amtsgericht). Vom Prozessbeginn bis zum Tag des Urteilsspruchs kann dabei durchaus ein Jahr vergehen.
    Für jede weitere Instanz kann durchschnittlich je ein weiteres Jahr zu diesem Zeitraum hinzugerechnet werden. Diese lange Dauer macht außergerichtliche Konfliktlösungen sowohl aus zeitlichen als auch finanziellen Gründen attraktiv.

  • Laufzeit beim Mediationsverfahren oder Schiedsverfahren:
    Für ein Mediationsverfahren werden in der Regel zwei Monate, für ein Schiedsgerichtsverfahren sechs Monate veranschlagt.
    In einigen Bundesländern ist außerdem die Anwendung eines außergerichtlichen Schlichtungsverfahrens für bestimmte Baustreitigkeiten vorgeschrieben, bevor ein Gerichtsprozess angestrengt werden kann.

Daher wird in Bauverträgen immer häufiger ein Konfliktlösungsverfahren vereinbart, das ohne staatliche Gerichte auskommt:

Streitlösungsordnung für das Bauwesen (SL Bau):

Die SL Bau ist seit dem 01.01.2010 in Kraft und liegt seit dem 01.07.2013 in einer überarbeiteten Version vor. Sie ist durch eine Kooperation der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V. (DBV) und dem Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein E.V. (DBV) entstanden. Mangels klarer rechtlicher Vorgaben auf dem Gebiet der außergerichtlichen Konfliktlösung versuchen Institutionen wie die DBV diese Gesetzeslücken durch das Angebot von eigenen Verfahrensregelungen wie der SL Bau aufzufangen und den Beteiligten so einen verlässlichen und berechenbaren Rahmen zu bieten.
Die SL Bau basiert auf der Schiedsgerichtsordnung von 1909 und sieht vier Streitlösungsverfahren vor, die von den Vertragsparteien nach Wunsch ausgewählt und vertraglich vereinbart werden können:

  • Mediationsverfahren
  • Schlichtungsverfahren
  • Adjudikationsverfahren
  • Schiedsgerichtsverfahren

Mit der Anwendung der SL Bau verpflichten sich die beteiligten Vertragsparteien zu bestimmten Verhaltensweisen:

  • Es herrscht absolute Vertraulichkeit, daher finden die Verfahren nicht öffentlich statt.
  • Die Konfliktparteien haben persönlich am Verfahren teilzunehmen; Vertretungen müssen die Ausnahme sein, hierfür müsse ausdrückliche Bevollmächtigung ausgesprochen werden. Bei juristischen Personen kann es sich nur um vertretungsberechtigte Organe handeln.
  • Die Hauptziele sind eine schnelle Konfliktbeilegung im Rahmen einer gütlichen Einigung. Um auf eine zügige Lösung hinzuarbeiten, werden in der Regel Fristen und Termine gesetzt. Werden sie verletzt, kam es zu Schadensersatzforderungen kommen. Fristen können jedoch ausnahmsweise durch den eingesetzten Streitlöser verlängert werden.
  • Die eingesetzten Streitlöser müssen unparteiisch und unabhängig handeln. Dazu gehört auch, dass sie nicht in einem der Verfahren als Zeugen oder Sachverständige benannt werden. Wenn eine der Streitparteien den Streitlöser ablehnt, muss sie das unverzüglich mitteilen, nachdem ihr der Ablehnungsgrund bekannt geworden ist.
  • Es wird untersagt, ein ordentliches Gericht oder Schiedsgericht anzurufen, bevor das ausgewählte Konfliktlösungsverfahren beendet ist.
  • Die am Konflikt beteiligten Vertragsparteien teilen die entstehenden Kosten gleichmäßig untereinander auf.

Streitbeilegung durch Mediation

Eine Mediation soll nach der Absicht der SL Bau Konflikte verhindern und die Streitparteien bei der Suche nach einer einvernehmlichen Lösung unterstützen. Diese Definition geht etwas an der Wirklichkeit vorbei: Ohne einen Konflikt am Bau wäre auch ein Mediator nicht nötig. Doch auch wenn diese Definition widersprüchlich ist, ist die Mediation ein beliebtes Instrument zur Konfliktlösung bei Baustreitigkeiten. Im günstigsten Fall wird sie von zwei Mediatoren wahrgenommen: einem Juristen mit fundierten Kenntnissen im Baurecht sowie einem Architekten oder Bauingenieur, der zusätzlich über eine Ausbildung zum Mediator verfügt.
Sie wird immer von einem Mediator oder mehreren Mediatoren durchgeführt. Die Beauftragung erfolgt schriftlich durch die Streitparteien. Ein Mediator soll auf eine Konfliktlösung hinarbeiten, darf sich jedoch nur neutral verhalten und keine Entscheidungen treffen. Die Beauftragung erfolgt schriftlich durch die Streitparteien. In zahlreichen Streitfällen kann es bereits weiterhelfen, wenn eine vorläufige Regelung gefunden werden kann, sodass eine Fortsetzung des Bauprojekts möglich ist. Falls keine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann, formulieren Mediatoren mindestens eine Mediationsvereinbarung. Diese spiegelt die Situation am Ende des Mediationsverfahrens wieder und kann für ein eventuelles späteres Gerichtsverfahren verwendet werden.

Hinweis:
Die Mediation gehört zum Leistungsspektrum der Hausbauberater: www.hausbauberater.de/mediation-streitvermittlung-am-bau.

Streitbeilegung durch Schlichtung

Die Schlichtung wird von einem Schlichter oder mehreren Schlichtern durchgeführt, die genau wie die Mediatoren einvernehmlich von den streitenden Parteien schriftlich bestellt werden müssen. Ihre Aufgabe ist es, in den Streitfragen eine Lösung zu finden, mit der alle Konfliktparteien einverstanden sind und die am Ende des Verfahrens zu einem Schlichterspruch führt. Sobald das Schlichtungsverfahren beginnt, ist die Verjährung von Ansprüchen, die im Rahmen dieses Verfahrens gestellt werden, bis zum Verfahrensende gehemmt. Ein Schlichter befragt die Konfliktparteien nach den genauen Umständen der Streitigkeiten und dokumentiert alle Angaben. Die Streitparteien haben die Pflicht, dem Schlichter alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Dokumente vorzulegen. Er kann sich darüber hinaus auch direkt auf der Baustelle über den Streitgegenstand informieren. Das Schlichtungsverfahren ist beendet, wenn sich die Konfliktparteien ganz oder teilweise einigen oder vergleichen konnten, der Schlichter einen Schlichterspruch formuliert hat, durch eine Feststellung der Schlichtungsscheiterung durch den Schlichter oder aber bei einer Verfahrensdauer von mehr als sechs Monaten.
Im laufenden Verfahren kann der Schlichter mit der Erstellung eines Schiedsgutachtens beauftragt werden. In diesem Fall gibt es aber nicht mehr die Möglichkeit, gegen die Entscheidung des Schlichters Widerspruch einzulegen.

Streitbeilegung durch Adjudikation

Hierbei wird ein Adjudikator tätig, der ebenfalls im Einvernehmen aller streitenden Parteien schriftlich beauftragt werden muss. Das Verfahren beginnt, sobald eine der Parteien dem Adjudikator schriftlich den Inhalt der Streitigkeit übermittelt und ihn darum bittet, eine Entscheidung zu treffen. Auf dieses Verfahren wird zurückgegriffen, wenn schnell eine verbindliche Entscheidung herbeigeführt werden soll. Der Adjudikator kann wie der Schlichter von allen Konfliktbeteiligten die nötigen Auskünfte und Dokumente verlangen, aber darüber hinaus auch Informationen bei Dritten einholen. Wie bei einer Schlichtung ist auch hier die Verjährung während der Verfahrensdauer gehemmt.
Der Adjudikator ist bei seiner Entscheidung an Fristen gebunden und muss sie schriftlich begründen. Sobald die Entscheidung getroffen wurde, ist sie vorläufig bindend. Die endgültige rechtliche Verbindlichkeit setzt ein, wenn keine der streitenden Parteien innerhalb der Frist von einem Monat  Widerspruch gegen die Entscheidung einlegt. Die Entscheidung eines Adjudikators beinhaltet auch, innerhalb welcher Fristen die Konfliktparteien ihre auferlegten Pflichten zu erfüllen haben.
Legt eine der streitenden Parteien Widerspruch ein, müssen die auferlegten Pflichten trotzdem erfüllt werden. Die Adjudikationsentscheidung wird in diesem Fall jedoch erst nach Vertragsende oder nach der Abnahme des Bauwerks von einem (Schieds-) Gericht überprüft. Lassen die Konfliktparteien die Vorlagefrist von sechs Monaten beim (Schieds-) Gericht verstreichen, wird die Adjudikationsentscheidung durch den Fristablauf endgültig rechtsverbindlich. Der Adjudikator stellt den Ablauf der 6-monatigen Frist gegenüber den Konfliktparteien schriftlich fest.

Streitbeilegung durch die Entscheidung eines Schiedsgerichts

Auch wenn diese Möglichkeit der Streitbeilegung nicht als außergerichtliches Verfahren bewertet werden kann, ist sie ein Teil der SL Bau. Sie hat gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit den Vorteil der Vertraulichkeit, sodass Interna der beteiligten Konfliktparteien offen besprochen werden können und nicht zu einer (weiteren) Belastung der geschäftlichen Beziehungen führen. Diese Möglichkeit der Streitschlichtung muss vorab unter Benennung eines Schiedsgerichts vertraglich vereinbart worden sein. Das Verfahren beginnt an dem Tag, an dem die beklagte von der klagenden Partei schriftlich über die Einleitung eines Schiedsgerichtsverfahrens in Kenntnis gesetzt wird.
Das Schiedsgericht besteht aus drei Personen:  Je ein Schiedsrichter wird von der klagenden und der beklagten Partei bestimmt, ein Dritter wird durch diese beiden Schiedsrichter nach einer ersten Anhörung der Konfliktparteien benannt. Dieser dritte Schiedsrichter hat auch den Vorsitz des Schiedsgerichts inne.
Die erste Sitzung wird erst dann einberufen, wenn die Klageerhebung erfolgt und die Klageerwiderung eingegangen ist. Während der Sitzung haben die Parteien die Gelegenheit, den Sachverhalt aus ihrer Sicht zu erläutern, außerdem werden Beweise aufgenommen und über den Streitgegenstand verhandelt. Das Verfahren endet mit einem Vergleich oder einem rechtsgültigen Schiedsspruch, der schriftlich darzulegen und zu begründen ist. Das Schiedsgericht entscheidet darüber hinaus auch über die Verteilung der Kosten auf die streitenden Parteien.

Exkurs: weitere Schlichtungs- und Schiedsverfahren

Neben den maßgeblich von der DBV initiierten Schlichtungsverfahren gibt es noch weitere Möglichkeiten, eine Baustreitigkeit auf dieser Ebene ohne die Einschaltung der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu einem Ende zu bringen. Die Merkmale der Vertraulichkeit und Rechtsgültigkeit werden insbesondere bei internationalen Schiedsverfahren jedoch zunehmend kritisiert: Vielen Beobachtern fehlt die demokratische Legitimierung der Schiedsurteile, da sie über das nationale Recht hinweg gesprochen werden und eine Berufungsinstanz fehlt.

Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten (SOBau)

Mit der „Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten (SOBau)“ der Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein  (ARGE Baurecht) wurden ebenfalls Vorgaben gemacht, die dann Gültigkeit haben, wenn sich die Konfliktparteien vertraglich darauf geeinigt haben. Der Verfahrensablauf ähnelt stark dem der SL Bau und unterscheidet sich nur in einigen Details:

  • Die Anzahl der Schiedsrichter, nach der SO Bau, richtet sich grundsätzlich nach der Höhe des Streitwerts.
  • Jede der beiden streitenden Parteien trägt die Hälfte der für das Schlichtungsverfahren anfallenden Kosten.
  • Die Höhe der Vergütung der Schiedsrichter bemisst sich nach den Vorgaben des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
  • Die SO Bau kann auch dann verwendet werden, wenn das Bauvorhaben nicht innerhalb Deutschlands durchgeführt wird.

Zur ARGE Baurecht gehören bundesweit etwa 2.800 Anwälte und Anwältinnen, die eine starke baurechtliche Ausrichtung haben und Mitglieder im DAV sind. Die ARGE Baurecht bietet auf ihrer Webseite sowohl den vollständigen Text der SO Bau als auch eine Liste der o. g. Anwältinnen und Anwälte an.

Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS)

Auf die „Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS)“ geht die DIS-Schiedsgerichtsordnung (DIS-SchO) zurück, die seit dem 1. Juli 1998 Gültigkeit hat. Sie kann sowohl für nationale als auch internationale Schiedsverfahren aller Wirtschaftszweige verwendet werden.
Hier sind grundsätzlich drei Schiedsrichter vorgesehen, der Vorsitzende muss ein Jurist sein. Die Bestellung erfolgt auf Vorschlag der Konfliktparteien für je einen Schiedsrichter durch die Geschäftsstelle der DIS. Die beiden Schiedsrichter benennen gemeinsam einen weiteren dritten Schiedsrichter. Aufgrund der räumlichen Gültigkeit der DIS-SchO (national/international) sind Hinweise auf die örtliche Verfahrensdurchführung und das anwendbare Recht entsprechend vage formuliert. Die Entscheidung eines Schiedsgerichts erfolgt nach dem Mehrheitsprinzip und ist auch hier rechtsgültig.

Weitere Schiedsgerichtsbarkeiten für Streitigkeiten am Bau

Einige weitere sowohl national als auch international tätige Schiedsgerichtsbarkeiten, die sich nicht auf Baustreitigkeiten festgelegt haben, sondern grundsätzlich in allen Vertragsangelegenheiten tätig sind. Dies sind einige dieser Schiedsgerichte:

  • Stockholm Chamber of Commerce (SCC) mit den “Arbitration Rules of the Arbitration Institute”
  • International Court of Arbitration of the International Chamber of Commerce mit den “Rules of Arbitration of the International
  • London Court of International Arbitration (LCIA) mit den seit 1998 gültigen „LCIO Arbitration Rules“

Das Anrufen dieser Schiedsgerichte ist jedoch aufgrund der damit verbundenen hohen Kosten nur bei Konflikten sinnvoll, denen ein sehr hoher Streitwert zugrunde liegt.

 

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