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Krebserregende Recycling-Fasern in Ziegelsteinen

Keine gute Nachricht für Hausbesitzer, deren Immobilie 2004 oder später gebaut wurde: Die von 2004 bis Herbst 2012 tätige Firma Woolrec in Tiefenbach hatte bis zu ihrer Schließung eine Mineralfaser vertrieben, die sie in Zusammenarbeit mit der Universität Gießen entwickelt hatte. Das Besondere daran: Aus monatlich 2.000 Tonnen Mineralabfällen wurden unter Beimischung von Melasse, Gelatine und Ton angeblich schadstofffreie Dämmstoffe hergestellt.

Dieses neuartige Produkt fand jedoch auch noch andere Abnehmer: Vier in Deutschland ansässige Ziegeleien verwendeten dieses unter dem Produktnamen „Woolit“ geführte Material dazu, um es ihren Ziegeln beizumischen und so deren Stabilität zu erhöhen. Doch dass es mit der Schadstofffreiheit nicht weit her war, belegen neuere Gutachten.

Hier ist die Gefahr für Besitzer von Ziegelgebäuden

Nachdem seit der Firmengründung mehrere Gutachten festgestellt hatten, dass sich Woolit bedenkenlos für die Ziegelproduktion eigne, kamen im Frühjahr 2012 erste Zweifel: Als das Unternehmen die Rezeptur ohne eine vorherige Genehmigung geändert hatte, wurde ihm vom Regierungspräsidium Gießen der weitere Verkauf untersagt. Ende 2014 wurden Strafverfahren sowohl gegen den Woolrec-Geschäftsführer als auch den für die Umweltgutachten verantwortlichen Professor der Universität Gießen eingeleitet.
Doch wo genau liegt das Problem? Ganz klar in der Zusammensetzung: Woolit enthielt große Mengen Material, das aus der Emailproduktion stammte. Email wird jedoch unter anderem auch aus Schwermetallen hergestellt, die in Form von Stäuben als krebserregend eingestuft sind. Die hessische Emailfabrik aus Dillenburg, die Woolrec ihre Abfälle geliefert hatte, verkaufte dem Dämmstoffhersteller auch giftige Stäube aus ihren Filteranlagen, die in Fachkreisen als Fuchsstäube bezeichnet werden. Üblicherweise müssen diese Stäube als Sondermüll entsorgt werden. Die Gesundheitsgefahr stellt sich dann ein, wenn kontaminierte Ziegel beschädigt und Stäube freigesetzt werden, etwa beim Stemmen von Schlitzen für Unter-Putz-Elektroinstallationen oder beim Bohren von Löchern.

Doch bevor diese Lieferungen zu einem Problem wurden, half der bereits oben genannte Gießener Professor weiter und stufte die Abfälle als unproblematisch ein. Fachleute äußerten jedoch starke Zweifel an der Seriosität seines Gutachtens: Sie bemängelten sowohl, dass ihr Kollege ein untaugliches Prüfverfahren angewendet hatte als auch seine eklatanten Rechenfehler, die dazu führten, dass er nur ein Zehntel der tatsächlichen Schadstoffbelastung ermittelte. Da nahm sich der Umstand, dass er die Untersuchungen nicht in einem zertifizierten Prüflabor vorgenommen hatte, fast noch als Schönheitsfehler aus.

Diese Ziegeleien setzten Woolit ein

  • Die Firma Wienerberger, die ihren Stammsitz in Hannover hat, verwendete Woolit von 2004 bis 2008 in ihren Werken in Wefensleben (Sachsen-Anhalt) und Rietberg (Nordrhein-Westfalen) als Zuschlag bei der Ziegelherstellung.

  • Die Firma Lücking aus Warburg hat das belastete Material von 2009 bis 2012 in allen Werken beigemischt.

  • Im Ziegelwerk Juwö (Wöllstein/Rheinland-Pfalz) ist Woolit zwischen 2005 und 2012 für die Ziegelherstellung verwendet worden.

  • Die Firma Hüning (Olfen/Nordrhein-Westfalen) setze Woolit von 2008 bis 2012 ein.

Die genaue Zahl der betroffenen Ziegel ist unklar, sie befindet sich aber im Millionenbereich. Die Ziegel wurden nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa verkauft und verbaut.

Was können Hausbesitzer jetzt tun?

Die Frage, ob das eigene Haus mit kontaminierten Ziegeln errichtet wurde, lässt sich auf chemischem Weg nur mithilfe einer Rasterelektronenmikroskop-Untersuchung feststellen. Die Kosten hierfür sind uneinheitlich, da die Prüflabore entweder nach einem Stunden- oder einem Stückpreis abrechnen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Preis einer solchen Untersuchung weniger als 100 € beträgt.

Sollte sich herausstellen, dass die Ziegel kontaminiert sind, sollte ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden, der dabei hilft, die Schadensersatzansprüche gegen die Ziegelei durchzusetzen. Gegen Fälle dieser Art haben die Hersteller Haftpflichtversicherungen abgeschlossen.

Baulich lässt sich jedoch nur Schadensbegrenzung betreiben. Wenn die Ziegel verputzt sind und nicht beschädigt werden, geht von ihnen keine Gefährdung aus. Sollten Bohrungen oder Schnitte gemacht werden müssen, sollte dies nur mit einem Mundschutz getan werden. Sobald das Gebäude abgerissen wird, muss es als Sondermüll entsorgt werden.

Stand des Artikels: 15. Juli 2014

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