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Wann die Gemeinde mittels Vorkaufsrecht in einen Grundstückskaufvertrag eingreifen darf

Man will ein Grundstück verkaufen, ist sich mit einem Interessenten bereits einig geworden und hat einen Vertrag aufgesetzt, doch dann tritt die Gemeinde auf den Plan und macht ihr Vorkaufsrecht geltend. Geht das so einfach? Und welche Voraussetzungen müssen hierfür erfüllt sein?

Wann kann die Gemeinde ein Vorkaufsrecht beanspruchen?

Bei dieser Art des Vorkaufsrechts handelt es sich um ein öffentlich-rechtliches Vorkaufsrecht gem. § 24 Baugesetzbuch (BauGB). Danach gibt es mehrere Fälle, die Gemeinden dazu berechtigen, ihr Vorkaufsrecht in Anspruch zu nehmen:

  1. wenn innerhalb eines gültigen Bebauungsplans Flächen für öffentliche Zwecke oder als Ausgleich nach § 1a Abs. 3 (Ausgleichsflächen für den Umweltschutz) vorgesehen sind,
  2. in Umlegungsgebieten (Umlegung von Grundstücken als Neuordnung innerhalb eines Bebauungsplans),
  3. wenn sich ein Grundstück in einem Sanierungsgebiet oder städtebaulichem Entwicklungsbereich befindet,
  4. im Zuge einer Satzung, die die Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus regelt sowie einer Erhaltungssatzung,
  5. wenn es sich innerhalb eines Flächennutzungsplans um unbebaute Grundstücke im Außenbereich handelt, die dort als Wohnbaufläche oder Wohngebiet gekennzeichnet sind,
  6. wenn auf unbebauten Grundstücken in Gebieten gem. §§ 30, 33 oder 34 vorwiegend Wohngebäude gebaut werden können und
  7. in Gebieten, die zugunsten des vorbeugenden Hochwasserschutzes nicht bebaut werden sollen.

Liegt ein Fall nach Nummer 1 oder 5 vor, kann die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht bereits dann ausüben, wenn sie beschlossen hat, einen Bebauungsplan bzw. einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Das Vorkaufsrecht schließt auch landwirtschaftliche Grundstücke ein, gilt aber nicht für Eigentumswohnungen sowie Grundstücke, die unter das Erbbaurecht fallen. Es gilt ebenfalls nicht, wenn es sich um eine Schenkung, einen Grundstückstausch, eine Erb- oder Vermögensangelegenheit oder der Übertragung von Gesellschaftsanteilen handelt. Außerdem muss eine Gemeinde nachweisen, dass ihr Vorkaufsrecht dem Allgemeinwohl dient. Deshalb ist sie verpflichtet, den künftigen Verwendungszweck für das Grundstück mitzuteilen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass dieser ausgeübte Vorrang einen schweren Eingriff in die vertragliche Entscheidungsfreiheit der (ursprünglichen) Vertragspartner darstellt. Zum Allgemeinwohl kann z. B. die Versorgung mit Wohnraum gehören, was insbesondere auf den Bau von Sozialwohnungen zutrifft. Aus dieser Begründungspflicht folgt jedoch auch, dass eine Gemeinde ggf. nur für Teilflächen ihr Vorkaufsrecht ausüben kann, wenn nur diese einem öffentlichen Zweck dienen sollen.

Wie erfährt man vom Vorkaufsrecht der Gemeinde?

Oft erfahren Bürger erst auf Nachfrage von einem Vorkaufsrecht, bevor es zur notariellen Beurkundung des Kaufvertrags kommt. Der Notar muss in jedem Fall nach der Beurkundung eine Vorkaufsrechtsanfrage bei der Gemeinde durchführen; dann stellt sich spätestens heraus, ob ein Vorkaufsrecht besteht. In vielen Fällen gibt es jedoch eine entsprechende Gemeindesatzung, aus der das Vorkaufsrecht für alle unbebauten Grundstücke, die unter den Geltungsbereich eines Bebauungsplans fallen, hervorgeht. Die Auflassung im Grundbuch darf erst dann erfolgen, wenn die Gemeinde ein sog. Negativzeugnis ausgestellt hat, aus dem das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts oder der Verzicht darauf hervorgeht.
Die Gemeinde kann ihr Vorkaufsrecht auch zugunsten Dritter ausüben. In diesem Fall ist der Nutznießer jedoch verpflichtet, dass er auf dem Grundstück Sozialwohnungen oder Wohngebäude für einen speziellen Personenkreis errichtet. Das Vorkaufsrecht kann durch die Gemeinde auch dann in Anspruch genommen werden, wenn dies zugunsten eines Sanierungs-, Entwicklungs- oder Bedarfsträgers geschieht.

Wie lange kann eine Gemeinde ihr Vorkaufsrecht ausüben?

Dem Verkäufer wird in einem Bescheid der Gemeinde mitgeteilt, wenn diese ihr Vorkaufsrecht in Anspruch nehmen will. Dazu hat sie zwei Monate, nachdem ihr der rechtswirksam zwischen einem Käufer und einem Verkäufer abgeschlossene Kaufvertrag bekannt geworden ist, Zeit. Die Gemeinde tritt dann an die Stelle des Käufers und übernimmt grundsätzlich die im Kaufvertrag festgelegten Bedingungen. Sofern allerdings der zwischen Verkäufer und Käufer vereinbarte Kaufpreis deutlich höher als der Verkehrswert ist, kann sich die Gemeinde dafür entscheiden, dem Verkäufer nur den Verkehrswert des Grundstücks zu zahlen. In solch einem Fall hat dieser das Recht, innerhalb eines Monats, nachdem der Bescheid unanfechtbar geworden ist, vom Vertrag zurückzutreten.
Wenn es zu einer Übertragung des Grundstückseigentums an die Gemeinde gekommen ist, sieht das BauGB in § 28 Abs. 2 Satz 7 die Verpflichtung vor, dass der Zweck, der zur Ausübung des Vorkaufsrechts geführt hat, in einer angemessenen Frist durchgeführt wird. Wie lang eine angemessene Frist genau ist, ist rechtlich nicht klar definiert und hängt vom Einzelfall ab. Hat die Gemeinde jedoch das Vorkaufsrecht über ein Grundstück für einen Dritten ausgeübt, damit dieser z. B. darauf Sozialwohnungen baut, wird die hierfür vorgesehene Frist in dem entsprechenden Bescheid der Gemeinde genannt.

 

Hinweis:
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