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Das gerichtliche Mahnbescheidsverfahren - die kurzen Wege zum Geld

Am einfachsten ist es, wenn Schuldner und Gläubiger hinsichtlich des Bestehens einer Schuld und deren Höhe einig sind.  In diesem Fall ist die Unterzeichnung eines notariellen Schuldanerkenntnisses der schnellste und kostengünstigste Weg, die überfälligen Beträge einzutreiben. Das Dokument wird vor einem Notar erstellt und hat den Status eines vollstreckungsfähigen Titels. Damit können in letzter Konsequenz auch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden. In dieser Form wird auch von einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis gesprochen, für das keine besonderen formalen Vorgaben eingehalten werden müssen. Sollte der Gläubiger zu Unrecht vollstrecken, kann sich der Schuldner dagegen mithilfe einer Klage wehren.

Das Mahnverfahren / Mahnbescheidsverfahren

Das Mahn- oder Mahnbescheidsverfahren ist etwas langwieriger, allerdings benötigen Gläubiger hierfür keine Unterstützung eines Rechtsanwalts oder Notars. Es kann für Geldforderungen in unbegrenzter Höhe eingesetzt werden und findet ohne eine mündliche Verhandlung, Klageschrift oder Beweiserhebung statt. Das zuständige Gericht erlässt nach dem Eingang des Antrags mit einem Mahnbescheid eine Art vorläufiges Urteil, das ausschließlich auf den Angaben des Antragstellers beruht. Zuständig sind in den meisten Fällen die Amtsgerichte in den Wohnorten der Personen oder am Verwaltungssitz der Unternehmen, die als Gläubiger den Antrag stellen (s. u.). Der weitere Verlauf hängt von der Reaktion des Schuldners ab:

  1. Schuldner legt Widerspruch ein
    Wenn er gegen die Forderung teilweise oder in vollem Umfang Widerspruch einlegt, wird aus dem Mahnbescheids- ein Klageverfahren.
    Im Rahmen dieses Gerichtsprozesses werden dann Beweise erhoben und Zeugen vernommen.

  2. Schuldner reagiert nicht
    Wenn der Schuldner auf den Bescheid nicht reagiert, hat der Gläubiger nach einer Frist von zwei nach der Zustellung das Recht, einen Vollstreckungsbescheid zu beantragen.

Mahnbescheid bei im Ausland ansässigen Schuldnern

In vielen Fällen kann ein Mahnverfahren auch hilfreich sein, wenn es darum geht, von im Ausland ansässigen Schuldnern fällige Zahlungen einzutreiben. Dies ist mithilfe eines grenzüberschreitenden Mahnverfahrens möglich, wenn zwischen Deutschland und demjenigen Land, in dem der Schuldner ansässig ist, die Zustellung von Mahnbescheiden verabredet worden ist. Zu diesen Ländern gehören Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Israel, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn, das Vereinigte Königreich sowie Zypern. Sollte sich der Gläubiger nicht in einem dieser Staaten aufhalten, dort aber einen Zustellungsbevollmächtigten benannt haben, kann der Mahnbescheid an diesen zugestellt werden.
Bevor die grundsätzliche Zuständigkeit eines deutschen Gerichts festgestellt werden kann, ist zu klären, ob sie für die sog. Hauptsache, also den Inhalt der Forderung, international zuständig sind. Die Feststellung der internationalen Zuständigkeit ist oft nicht leicht zu klären, daher ist in den meisten Fällen das Hinzuziehen eines entsprechend versierten Rechtsanwalts zu empfehlen. Eindeutig ist die Beurteilung jedoch, wenn sich der Schuldner in einem Mitgliedsstaat der EU befindet, der Schuldner seinen Wohn- oder Geschäftssitz in Deutschland hat und die Vertragsparteien sowohl einen deutschen Erfüllungsort als auch Gerichtsstand vereinbart haben.

Das zuständige Mahngericht

Bei der Suche nach dem zuständigen Mahngericht ist bei Personen der Wohnsitz und bei Firmen deren Geschäftssitz für eine Antragstellung maßgeblich. Die Mahngerichte der Bundesländer, die das automatisierte gerichtliche Mahnverfahren anbieten, haben mit der Webseite www.mahngerichte.de die Möglichkeit zur Verfügung gestellt, mit der Eingabe der Postleitzahl schnell das zuständige Mahngericht zu ermitteln. Kann die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts jedoch nicht bejaht werden, wird das Mahnverfahren am ausländischen Wohn- oder Geschäftssitz des Schuldners durchgeführt. Dabei kommt man nicht mehr ohne die Hilfe eines Rechtsanwalts und möglicherweise eines Übersetzers aus.

Vollstreckungszeit bei grenzüberschreitenden Mahnverfahren

Die Vollstreckungszeit ist bei grenzüberschreitenden Mahnverfahren oft sehr lang, weil zunächst das deutsche Gericht nach einer formalen Prüfung eine Vollstreckbarkeitserklärung abgeben und anschließend das zuständige ausländische Gericht hinzuziehen muss. Das ausländische Gericht trifft dann die Entscheidung, ob sich die deutsche Vollstreckbarkeitserklärung auch auf das eigene Staatsgebiet anwenden lässt.
Nur wenn sich das ausländische Gericht in einem EU-Staat befindet, kann das Verfahren mittels eines Europäischen Vollstreckungstitels deutlich verkürzt werden. Diese Regelung gilt jedoch nicht für Dänemark. Dabei wird ohne eine zusätzliche Prüfung direkt vollstreckt, sofern der Schuldner mit dem Vollstreckungsbescheid dessen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel beantragt hat. Das ist bereits auf dem Antragsformular möglich. Die Verfahrenskosten trägt zwar generell der Schuldner, sie müssen jedoch zunächst vom Gläubiger vorgestreckt werden. Dabei fallen neben den Gerichtskosten auch Übersetzungs- und Zustellungskosten, eine gerichtliche Prüfgebühr sowie eine Gebühr für den Vollstreckungsbescheid an. Da es hier keinen Anwaltszwang gibt, gibt es an dieser Stelle eine deutliche Einsparung im Vergleich zu den einschlägigen grenzüberschreitenden Verfahren.

Das europäische Mahnverfahren

Auch mit dem europäischen Mahnverfahren können Geld und Zeit eingespart werden. Das gerichtlich ausgestellte Dokument heißt hier jedoch nicht Mahnbescheid, sondern "Europäischer Zahlungsbefehl". Wenigstens eine der streitenden Parteien muss ihren Wohnsitz in einem anderen EU-Staat haben als dem des Gerichtsstandorts. Für europäische Mahnverfahren ist für ganz Deutschland nur das Amtsgericht Berlin-Wedding in seiner Eigenschaft als „Europäisches Mahngericht Deutschland“ zuständig. Ein Einspruch des Schuldners innerhalb von 30 Tagen nach der Zustellung bewirkt auch bei diesem Verfahren, dass aus dem Mahn- ein Klageverfahren wird. Wird jedoch kein Einspruch eingelegt, gilt der Europäische Zahlungsbefehl automatisch als vollstreckbar und wird wie ein deutscher Vollstreckungsbescheid behandelt.
Wenn sich die ausstehende Forderung auf weniger als 2.000,-- Euro beläuft und sich der Schuldner in der EU befindet, ist das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen eine sehr gute Alternative. Es wird seit dem 1. Januar 2009 in allen EU-Mitgliedsstaaten außer Dänemark praktiziert und erreicht mit seinem standardisierten Verfahren eine hohe Effizienz und Kosteneinsparung. Der Streitwert wird ohne die Einbeziehung von Auslagen, Zinsen oder weiteren Kosten berechnet, ein Rechtsanwalt muss nicht hinzugezogen werden. Die Zuständigkeit des Gerichts entspricht der beim europäischen Mahnverfahren. Durch die für jeden einzelnen Verfahrensschritt gesetzten Fristen wird eine relativ kurze Verfahrensdauer erreicht. Dem Gericht steht es frei, Zeugen anzuhören oder Unterlagen anzufordern, bevor es zu einem Urteil kommt. Die Höhe der Kosten bemessen sich nach der Höhe des Streitwerts und den Berechnungsregularien desjenigen Landes, in dem sich das Gericht befindet. Die Kosten werden von der unterlegenen Konfliktpartei getragen.

Antrag für ein Mahnverfahren

  1. deutsche Mahngerichte
    Ein Antrag für ein Mahnverfahren ist formgebunden, der Vordruck kann im Schreibwarenhandel erworben oder im Internet unter Adresse www.online-mahnantrag.de heruntergeladen werden. Die "Verordnung von Vordrucken für das Mahnverfahren bei Gerichten, die das Verfahren maschinell bearbeiten" schreibt vor, welche Version dieses Vordrucks aktuell zu verwenden ist. Rechtsanwälte sowie registrierte Inkassofirmen haben seit dem 1. Dezember 2008 die Verpflichtung, diese Anträge in einer maschinell lesbaren Form zu stellen und können die Papiervordrucke seitdem nicht mehr benutzen. Die Einführung von überarbeiteten Vordruckversionen wird durch das Bundesministerium der Justiz im Bundesanzeiger bekanntgegeben; derzeit ist der Antragsvordruck vom 1. Juni 2010 gültig.

  2. Antrag auf Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls
    Für den Antrag auf Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls ist ein besonderer Vordruck nötig, der als online ausfüllbares Formular beim Europäischen Justizportal unter https://e-justice.europa.eu/  aufgerufen werden kann bezogen werden kann. Die Formulare für das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen stehen ebenfalls unter vorgenannter Adresse zum Download bereit.

 

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