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Die Zwangsversteigerung als Chance auf das eigene Haus

Seit geraumer Zeit geht die Zahl der Zwangsversteigerungen zurück: Vor zehn Jahren ergab eine Umfrage unter den deutschen Amtsgerichten noch über 55.000 Termine, 2016 waren es nur noch 31.000. Für diejenigen, die ihr Haus auf diesem Weg veräußern müssen, ist jeder einzelne Fall einer zu viel. Aber wer ein günstiges gebrauchtes Eigenheim sucht, hofft darauf, mit ein bisschen Glück ein Schnäppchen zu machen: Bei 70 % der versteigerten Objekte handelte es sich 2016 um Wohnimmobilien. Die Gründe für eine Zwangsversteigerung sind sehr unterschiedlich: Arbeitslosigkeit, der Tod des Partners oder eine Scheidung sind in vielen Fällen der Auslöser. Unter den Eigenheimen sind auch viele, die erst vor wenigen Jahren gebaut wurden. So können die Käufer davon ausgehen, dass sie in den nächsten Jahren kein Geld für Reparaturen oder gar eine Sanierung aufbringen müssen.

So erfährt man von Zwangsversteigerungen

Anstehende Termine für Zwangsversteigerungen werden auf mehreren Wegen veröffentlicht:

  • 6 Wochen vor dem Termin in amtlichen Verkündungsblättern wie z. B. dem Niedersächsischen Staatsanzeiger
  • etwa 3-4 Wochen vor dem Termin in der Lokalpresse
  • im Justizportal des Bundes und der Länder (https://www.zvg-portal.de/)
  • per Aushang
    • an der Gerichtstafel des Amtsgerichts, in dessen Bezirk sich das Versteigerungsobjekt befindet
    • in der Kommune, in der sich das Versteigerungsobjekt befindet.

Zum Zeitpunkt der Bekanntmachung hat bereits ein Gutachter die Immobilie besichtigt und einen Verkehrswert ermittelt. Da Schuldner jedoch weder ihn noch Kaufinteressenten ins Haus lassen müssen, beschränkt sich die Bewertung auf das, was der Gutachter von außen sehen kann.

Zwangsversteigerungen sind öffentlich. Es können also auch Zuschauer, die kein Gebot abgeben wollen, dabei sein.

So verläuft eine Zwangsversteigerung

Der Gläubiger zahlt vor dem Versteigerungstermin einen Vorschuss auf die zu erwartenden Versteigerungskosten. Das Gericht gibt vor der Gebotsphase das niedrigste Gebot bekannt, zu dem das Objekt mindestens veräußert werden soll. Dazu werden das nötige Mindestgebot inkl. der Verfahrenskosten und die Rechte und Pflichten, die vom Meistbietenden übernommen werden müssen, herangezogen. Innerhalb von einer halben Stunde können dann mündlich Gebote abgegeben werden. Die Bieter müssen vor Beginn der Gebotsphase eine Sicherungsleistung von 10 % des Verkehrswerts hinterlegen und sich ausweisen. Sollte kein Gebot eingehen, wird das Verfahren vorläufig eingestellt und erst dann fortgesetzt, wenn der Gläubiger im Laufe des folgenden halben Jahres einen entsprechenden Antrag stellt.

Sofern ein Gebot eingegangen ist, wird es überprüft: Wenn das Höchstgebot einschließlich der vom Käufer zu übernehmenden Lasten nicht die Hälfte des Verkehrswerts erreicht, wird von Amts wegen der Zuschlag versagt. Liegt das Höchstgebot einschließlich der Lasten  über 50 %, aber unter 70 % des Verkehrswerts, kann der Gläubiger beantragen, dass der Zuschlag nicht erteilt wird: In solch einem Fall kann er geltend machen, dass seine Forderung nicht voll befriedigt wurde.

Kommt es zu einem dritten Termin, weil während der ersten beiden Versteigerungen kein Zuschlag erteilt werden konnte, kann das Objekt auch zu einem Gebot veräußert werden, das 50 % unter dem Verkehrswert liegt.

Vier bis acht Wochen nach dem Zuschlag muss der Käufer den Kaufpreis zuzüglich 4 % Zinsen (gerechnet ab dem Versteigerungstermin) an das Gericht gezahlt haben. Sobald die Zahlung erfolgt ist und nach der Begleichung der Grunderwerbssteuer eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung durch das zuständige Finanzamt ausgestellt wurde, wird der Käufer als neuer Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Dabei werden sowohl der Zwangsversteigerungsvermerk als auch ggf. erloschene Rechte / Lasten gelöscht. Der erfolgreiche Bieter muss sich wegen der Zahlung der Grunderwerbssteuer zunächst nicht selbst ans Finanzamt wenden: Das Gericht informiert es über den erfolgten Zuschlag und gibt die für die Berechnung der Grunderwerbssteuer nötigen Daten weiter. Im nächsten Schritt fordert das Finanzamt den Käufer zur Steuerzahlung auf.

Wer mitbieten möchte, aber nicht selbst vor Gericht erscheinen kann, kann sich durch eine andere Person, die sich vor dem Beginn der Versteigerung durch einen Personalausweis oder Reisepass ausweisen muss, vertreten lassen.

Risiken einer Zwangsversteigerung

Eines der größten Risiken gehen Interessenten ein, wenn sie eine Immobilie ersteigern, die sie nicht vorab besichtigen konnten. Wasserschaden? Verschimmelte Wände? „Überraschungen“ dieser Art offenbaren sich erst, wenn das Objekt zum ersten Mal in Augenschein genommen wurde – nachdem der Kaufpreis und die zusätzlichen Kosten längst bezahlt wurden. Für die Beseitigung solcher Schäden zahlt dann allerdings niemand anders als der neue Eigentümer. Baut man ein neues Haus, gibt es Gewährleistungsfristen; kauft man auf dem üblichen Weg eine gebrauchte Immobilie, kann man den Verkäufer zum Schadensersatz heranziehen, wenn er ihm bekannte Schäden verschwiegen hat. Bei einer Zwangsversteigerung stehen die Erwerber in dieser Hinsicht mit leeren Händen da.

Die Chance, eine Immobilie wirklich günstig zu ersteigern, ist in den letzten Jahren immer weiter gesunken. Im Bundesdurchschnitt wurden 2008 Kaufpreise erzielt, die bei 81 % des Verkehrswerts lagen; 2014 lag der Wert bereits bei 117 %. Das kann mehrere Gründe haben. Einer davon ist die Atmosphäre, die sich oft bei Zwangsversteigerungen beobachten lässt: Interessieren sich mehrere Bieter für ein Objekt, entsteht leicht eine Art Goldgräberstimmung, die manche Bieter zu relativ hohen Geboten verleitet. Um dem vorzubeugen, sollte man sich immer ein Limit setzen, das nicht überschritten wird. Um sich an die Abläufe zu gewöhnen und die Fachbegriffe kennenzulernen, ist es auch hilfreich, zunächst einige Versteigerungen als Beobachter zu besuchen, bevor es „ernst“ wird.

Ein anderer Grund für die Bietfreudigkeit und das Überschreiten des Verkehrswerts sind die historisch niedrigen Zinsen, die viele Interessenten dazu veranlassen, sich auf höhere Gebote einzulassen. Insgesamt kann gesagt werden, dass es sich nicht unbedingt lohnt, auf eine Wohnung oder ein Eigenheim aus einer Zwangsversteigerung zu warten. Auch Schuldner sollten sich überlegen, ob sie nicht auf dem freien Markt einen besseren Preis erzielen können als bei einer Zwangsversteigerung. Das gilt gerade jetzt in einer Phase, in  der die Immobilienpreise vor allem in den Ballungsräumen stetig ansteigen.

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