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Die Rechte von Nachbarn beim Neubau

Wer sich den Traum der eigenen vier Wände verwirklichen will, hat schon bei der Planung und Durchführung des Hausbau viel um die Ohren. In Vergessenheit gerät dann schnell, dass die zukünftigen Nachbarn auch noch ein Wörtchen mitzureden haben, was zu Komplikationen führen kann. Auch Anwohner haben Rechte, die beachtet werden wollen.

Baulärm und Schmutz als Ärgernis

Bauarbeiter und Handwerker beginnen in den frühen Morgenstunden mit ihrer Arbeit. Insbesondere beim Hausbau steht die Baustelle bis in die Abendstunden selten still. Verbunden damit ist ein hoher Geräuschpegel durch Baumaschinen, Fahrzeuge und die Handwerker selbst. Aber auch der Schmutz und Staub von Erdarbeiten sowie vielleicht im Weg stehende LKW bei An- und Auslieferungen können die Anwohner nerven oder verärgern. Nicht selten fühlen sie sich gestört, durch zusätzliche Reinigungsarbeiten belastet, in ihrer Freiheit eingeschränkt und tun dies auch kund. Bauherren sind gut beraten, sich schon vor Beginn der Bauarbeiten über die Rechte von Nachbarn zu informieren.

Zwar sehen Gesetzgebung und Rechtsprechung eher ausgleichende Entscheidungen vor, aber dennoch können Konflikte mit den zukünftigen Nachbarn eine Belastung darstellen und zu Zeitverzögerungen führen. Positiv zu verzeichnen ist, dass bei einer bereits erteilten Baugenehmigung ein Hausbau nur noch in den seltensten Fällen rechtswirksam untersagt werden kann. Dennoch ist häufig eine Zustimmung der Nachbarn zum Bauvorhaben erforderlich.

Mitspracherecht der Nachbarn

Die Rechte der Anwohner bei einer Baugenehmigung hängen von der Landesbauordnung ab. Baugenehmigungen werden nach dem jeweiligen Bauordnungsrecht der Bundesländer geregelt, sodass es innerhalb Deutschlands große Unterschieden geben kann. Denn was bei Neubauten in einer Straße vielleicht erlaubt ist, kann in der nächsten Straße schon verboten sein. Heutzutage müssen Bauherren jedoch nicht immer die nachbarliche Zustimmung einholen, denn in einigen Bauordnungen sind für Neubauten keine förmlichen Genehmigungen mehr notwendig. Nachbarn können sich immer nur dann gegen ein Bauvorhaben zur Wehr setzen, wenn eine Verletzung von öffentlich-rechtlichen oder nachbarschützenden Vorschriften vorliegt. Zugestanden wird Anwohnern und Nachbarn allerdings grundsätzlich ein gewisses Mitspracherecht.

In der Praxis muss dann den direkten Anwohnern der Bebauungsplan vorgelegt werden, bevor der Hausbau beginnen kann. Die Nachbarn haben zwar kein Mitbestimmungsrecht, können aber im schlechtesten Fall ihre Zustimmung für den Bau verweigern. Bei vielen Bauanträgen wird deshalb gleich ein Formular beigefügt, mit dem die zustimmende Unterschrift der Anwohner eingeholt werden kann. In der Regel handelt es sich dabei um eine Formsache. Nur wenige Menschen setzen sich gegen den geplanten Neubau und zur Wehr. Und selbst wenn Anwohner das Bauvorhaben kritisch betrachten, so kann durch gegenseitige Rücksichtnahme und Kompromisse häufig ein Ausgleich herbeigeführt werden. Beispielsweise kann vereinbart werden, zu welchen Tageszeiten es ruhig zugehen soll und wann mit voller Kraft gebaut werden darf. In solchen Fällen bedarf es schlicht einer guten Kommunikation.

Stimmen Nachbarn dem Bauvorhaben nicht zu, kann dies die Erteilung der Baugenehmigung erschweren. Auch gegen die erteilte Baugenehmigung können Anwohner noch Widerspruch einlegen. Wird der Widerspruch abgelehnt, können die Nachbarn Klage einreichen.

Zustimmung der Nachbarn

Bevor der erste Spatenstich gesetzt wird, sollten Bauherren den Kontakt zu den direkten Nachbarn suchen. Es ist hilfreich, die Anwohner über das Bauvorhaben und die damit verbundene Lärmbelästigung zu informieren und um Verständnis zu bitten.

Allgemeine Rücksichtnahme macht immer einen guten Eindruck. Wichtig ist, dass das eigene Bauvorhaben der örtlichen Bauordnung entspricht. Vorgeschriebene Abstandsflächen müssen eingehalten werden. Auch die Gebietsverträglichkeit spielt eine große Rolle. In Wohngebieten sollten beispielsweise keine Veranstaltungsbetriebe eröffnet werden, wozu kaum ein Nachbar seine Zustimmung erteilen dürfte. Das Mitspracherecht der Anwohner beschränkt sich jedoch auf die förmliche Bauplanung.

Nicht förmliche Baugenehmigungen können ohne Zustimmung der Anwohner erteilt werden. Hierzu gehören Gebäude mit einer maximalen Grundfläche von 25 qm, also Gartenhäuser oder Garagen. Werden solche Gebäude geplant, bedarf es keiner Zustimmung der Nachbarn.

Bauen ohne Zustimmung?

Die Bauämter haben in den letzten Jahren die Abläufe zur Erteilung von Baugenehmigungen optimiert. Der bürokratische Aufwand wurde reduziert und auch Zustimmungen sollen deutlich schneller erteilt werden können. Dies gelingt auch in den Fällen, in denen die Anwohner ihre Zustimmung zum Bauvorhaben erteilen und die Erklärung unterschreiben.

Ist dies nicht der Fall, müssen sich Bauherren trotzdem nicht allzu viele Sorgen machen, da auch dann den meisten Bauanträgen entsprochen werden kann. In den Bauordnungen der verschiedenen Bundesländer ist vorgesehen, dass Anwohner in die Planungen des Bauvorhabens einbezogen werden müssen. Hintergrund ist der, dass auf die Bedürfnisse der Nachbarn Rücksicht genommen wird. Viele Bauordnungen sehen jedoch nicht mehr eine Unterschrift der Anwohner für das Bauvorhaben vor. Dennoch sollten die Hintergründe für die Verweigerung der Zustimmung erfragt werden, um Konflikte zu lösen und den Grundstein für eine gute Nachbarschaft setzen zu können.

Leisten Anwohner ohne Angabe von juristisch nachvollziehbaren Argumenten dennoch Widerstand, wird eine Baugenehmigung meistens dennoch erteilt. Die Arbeiten können alsdann beginnen.

Bauen mit oder ohne Zustimmung der Nachbarn

Werden die Nachbarn in ein Bauvorhaben mit einbezogen, gibt es zwei Möglichkeiten: Erteilen die Anwohner ihre Zustimmung zum Bauvorhaben, willigen sie diesem in vollem Umfang ein. Eine Baugenehmigung wird schnell erteilt. Für die Anwohner wird es danach schwierig, den beginnenden Neubau noch zu verhindern, was im Übrigen dann gut begründet werden muss. Gründe hierfür wären, wenn gegen die genehmigte Bauplanung und entgegen den gemeinsamen Absprachen gehandelt worden wäre.

Verweigern die Anwohner ihre Zustimmung zum Bauvorhaben, kann in den meisten Fällen trotzdem eine Baugenehmigung erteilt werden. Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn der jeweilige Nachbar nachweisen kann, dass durch das Bauvorhaben ihm zustehende Rechte verletzt werden. Möglich wäre, dass der Nachbar Widerspruch gegen die Baugenehmigung einlegt oder aber später sogar Klage einreicht. Dadurch, dass der Nachbar seine zustimmende Unterschrift verweigert, wahrt er seine eigenen Rechte. Im schlechtesten Fall wird die Baugenehmigung durch anfechtenden Widerspruch für nichtig erklärt.

Wann und warum ein Widerspruch möglich ist

Wurde eine Baugenehmigung erteilt, von der die Anwohner in Kenntnis gesetzt wurden, so können sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Durch die Einlegung des Widerspruchs wird die Bezirksverwaltung in die Pflicht genommen, die Baugenehmigung zu prüfen.

Wurden die Anwohner jedoch nicht über die Baugenehmigung in Kenntnis gesetzt, so können sie dennoch innerhalb eines Jahres noch Widerspruch einlegen. Sofern Nachbarn nicht von der Baugenehmigung erfahren haben, wird kann spätestens dann von der Kenntnisnahme ausgegangen werden, wenn auf dem Nachbargrundstück der Baubeginn erfolgt. Der Zeitpunkt dieser Kenntnisnahme ist wichtig, um die einmonatige Widerspruchsfrist zu wahren. Wird der Widerspruch verspätet eingelegt, gilt das Rechtsmittel als verwirkt. Damit bei einem Widerspruch ein Baustopp erfolgt, müssen Anwohner nach Baubeginn mitunter den Eilrechtsschutz mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nutzen.

Selbst dann, wenn ein Gebäude schon nahezu fertig errichtet ist, bestehen für Anwohner noch Möglichkeiten, Einspruch einzulegen. Wurde das Gebäude baurechtswidrig erbaut, kann durch einen Nachbarn eine behördliche Verfügung erwirkt werden. Diese führt zu einer Stilllegung auf der Baustelle. Möglich ist dies beispielsweise, wenn Brandschutz-Vorschriften nicht eingehalten werden.

Widerspruchsverfahren gegen die Baugenehmigung

Ein Widerspruchsverfahren ist nicht selten mit einem Zeitverlust über mehrere Wochen verbunden. In der Zeit wird häufig auch das Bauvorhaben auf Eis gelegt. Es kommt mitunter darauf an, wie komplex der vorgetragene Sachverhalt ist und welche Gründe der Nachbar in seinem Widerspruch vorgetragen hat.

Zulässig ist ein Widerspruch gegen die Baugenehmigung dann, wenn die Anwohner Gründe vortragen, wonach geltendes Recht im Allgemeinen sowie das Baurechts im Besonderen verletzt worden ist. Oft geht es dabei um ordnungsgemäße Abstände zum Nachbargrundstück, die einzuhalten sind. Aber auch die Bedürfnisse und Rechte auf Ruhezeiten können Bestandteil einer Widerspruchsbegründung sein. Zu den geläufigen Gründen für die Rechtswidrigkeit einer Baugenehmigung gehören:

  • Einhaltung von Abstandsflächen
    Werden die Vorschriften zur Grenzbebauung aus der Landesbauordnung nicht eingehalten, können Nachbarn mit Ausnahme des zulässigen Schmalseitenprivilegs Einspruch einlegen. Ragen Anbauten über die Grundstücksgrenze hinaus wird von einem Überbau gesprochen. Bei böswilliger Errichtung muss der Überbau entfernt werden, sofern der Nachbar dadurch beeinträchtigt wird. Wurde ohne Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit gebaut, muss die Baumaßnahme geduldet werden. Als Auflage hierfür könnte eine Entschädigung vereinbart werden.

  • Verletzung von Rücksichtnahmegeboten Bei der Nutzung von Grundstücken in Innen- und Außenbereichen muss Rücksicht auf Anwohner und Nachbarn genommen werden. Neubauten wie Stellplätze, Carports oder Garagen dürfen nicht so platziert werden, dass Lebensqualität oder Gesundheit der Nachbarn darunter leiden.

  • Nutzungsmaß
    Bauvorhaben müssen durch ihr Maß der Nutzung auch den Drittschutz berücksichtigen. Nachbarn können Baugenehmigungen anfechten, wenn beispielsweise die zulässige Flächenausnutzung, die Wohnungsanzahl oder die zulässigen Gebäudehöhen überschritten werden. Eine Anfechtung kommt auch bei einer abweichenden Gestaltung der Dachaufbauten in Betracht.

  • Gebietsverträglichkeit
    Neubauten sollen dem vorhandenen Gebietscharakter eines Baugebietes entsprechen. Bei gravierenden Abweichungen kann sich die Nachbarschaft belästigt fühlen und sich gegen das Bauvorhaben zur Wehr setzen. Es darf beispielsweise nicht einfach ein Gewerbebetrieb mitten in ein Wohngebiet gebaut werden.

  • Lärm, Außengestaltung und Immissionen
    Zu den weiteren Beeinträchtigungen gehören Elemente der Außengestaltung wie Auffahrten, Carports oder Garagen. Aber auch gegen unzumutbaren Lärm sowie Immissionen von Kraftfahrzeugen können sich Anwohner zur Wehr setzen, obwohl es in diesen Bereichen keine starren Grenzwerte gibt.

Nur selten handelt es sich also um juristisch komplexe Bereiche, die vor einem Gericht geklärt werden müssen. Im Idealfall wird bei solchen Fragen das Gespräch mit dem widersprechenden Nachbarn gesucht. Auch die genehmigende Baubehörde kann sich mit dem Widerspruch auseinandersetzen und juristisch relevante Widerspruchsgründe diskutieren.

Die Baubehörde muss innerhalb von drei Monaten über den Widerspruch entscheiden. Anwohner können des Weiteren durch Antrag auf Aussetzung gegen einen bereits begonnenen Neubau vorgehen. Dann wird der Bau gestoppt und muss ruhen, bis die Rechtslage geklärt werden konnte.

 

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