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Umgang mit Bauzeitverzögerungen durch schlechtes Wetter während der Bauphase
Schlechtes Wetter hat schon oft die Fertigstellung eines Bauwerks verzögert und so für Ärger zwischen Baufirmen und ihren Auftraggebern gesorgt. Doch wie bei allen anderen Verträgen sollte auch bei einem Bauvertrag genau darauf geachtet werden, welche Leistungen für diesen Fall vereinbart wurden.
Kann Mehraufwand berechnet werden?
Im verhandelten Fall war das Wetter aufgrund von starkem Frost über einen langen Zeitraum derart schlecht, dass die Bauarbeiten (hier: die Errichtung einer Autobahnbrücke) für ca. zwei Monate eingestellt werden mussten. Die der Baufirma entstandenen zusätzlichen Kosten für Baustelleneinrichtung, Bauhilfsmittel, Verkehrssicherung, Gemeinkosten, Personal und die Unterdeckung der Allgemeinen Geschäftskosten summierten sich auf fast 100.000 Euro brutto. Für den Auftragnehmer lag es nahe, dem Auftraggeber diese Mehrkosten über den Weg eines Nachtragsangebots in Rechnung zu stellen, zumal er seinen Anspruch durch die Besonderen Vertragsbedingungen der VOB/B und das dort genannte Ende der Bauarbeiten gerechtfertigt sah.
Doch der Bauherr lehnte die Zahlung ab – und bekam vom Bundesgerichtshof (BGH) Recht:
Der Bauvertrag enthielt keine Regelung, wonach witterungsbedingte Zusatzkosten vom Auftragnehmer übernommen werden müssen. Vielmehr wurde dem Bauherrn dort nur um das zeitliche Risiko im Fall von ungewöhnlichen Witterungseinflüssen zugewiesen, von zu übernehmenden Mehrkosten ist nicht die Rede. Außerdem hatte der Auftraggeber keine Anweisungen an das Bauunternehmen erteilt, wegen des Frostes zusätzliche Arbeiten durchzuführen. Auch die letzte Möglichkeit für die Baufirma, doch noch wenigstens einen Teil ihrer Zusatzkosten zu erhalten, wurde von den Richtern nicht akzeptiert: Der § 642 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sieht zwar eine angemessene Entschädigung des Auftragnehmers für den Fall vor, dass der Auftraggeber eine für die Herstellung des Werks nötige Mitwirkung unterlässt, diese Regelung lässt sich allerdings auf diesen Fall nicht anwenden. Der Vertrag enthält keine Vorgaben darüber, dass der Auftragnehmer verpflichtet gewesen ist, äußere Einwirkungen abzuwehren. Das Risiko und die Verantwortung und somit auch die Verpflichtung, die geltend gemachten Mehrkosten zu übernehmen, liegen allein beim Auftragnehmer.
Dieses BGH-Urteil vom 20.04.2017 - VII ZR 194/13 gilt als richtungsweisend, weil das Gericht sehr deutlich wird. Es stellt fest, dass „eine […] allgemeine Risikozuweisung zu Lasten des Auftraggebers betreffend außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse auf das zur Verfügung zu stellende Baugrundstück, mit denen nicht gerechnet werden musste, sich weder aus dem Vertrag noch aus dem Gesetz“ ergibt.
Hinweis:
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