Informatives für Bauinteressenten, Bauherrn und Hausbesitzer.
Asbest: Ein einst beliebter Baustoff macht Probleme
Kaum ein Werkstoff war zwischen 1930 und der Mitte der 1980-er Jahre so beliebt wie Asbest: Er findet sich in Asbestzement in Dach- und Fassadenplatten, Kabelkanälen, Fallrohren und sogar in Blumenkästen; Vinyl-Bodenbeläge aus den 1960-er Jahren enthalten ebenso Asbest wie alte Nachtspeicheröfen. Bei Asbest handelt es sich um eine Sammelbezeichnung für natürlich vorkommende Mineralfasern, die über eine hohe Hitze- und Säurebeständigkeit, enorme Haltbarkeit sowie Festigkeit verfügen. Der früher als „Wunderfaser“ bezeichnete Werkstoff hat außerdem sehr gute Dämmeigenschaften und kann in Faserform verwoben und versponnen werden.
Asbest ist wegen seiner Gefährlichkeit heute in vielen Ländern verboten, darunter sind die EU-Staaten, die Schweiz, Japan und Norwegen. Es gibt allerdings auch etliche Staaten, die an der Verwendung von Asbest trotz aller Risiken festhalten. Dazu gehören vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer. In den USA ist der Einsatz von Asbest stark eingeschränkt.
In Deutschland ist Asbest seit dem 31. Oktober 1993 verboten und darf seitdem weder hergestellt, in Verkehr gebracht oder verwendet werden. Der Umgang mit dem Werkstoff darf nur noch in Zusammenhang mit Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten erfolgen.
Asbest ist nicht gleich Asbest
Schon lange ist bekannt, dass Asbestfasern so fein sind, dass sie beim Einatmen tief in die Atemwege eindringen, dauerhaft in der Lunge bleiben und Reizungen des Gewebes verursachen. Die Asbestfasern können Lungenkrebs und Tumore im Bauch- oder Lungenfell auslösen. Zwischen dem Einatmen der Asbestfasern und dem Auftreten von Gesundheitsschäden können bis zu 30 Jahre vergehen. Um die Gesundheitsschädlichkeit von Bauteilen oder Geräten, die Asbest enthalten, einzuschätzen, muss jedoch beachtet werden, dass Fachleute zwei verschiedene Arten dieses Werkstoffs unterscheiden:
- Schwach gebundene Asbestprodukte
Bei Produkten, die schwach gebundenen Asbest enthalten, liegt deren Asbestanteil in der Regel bei mehr als 60 % und die Rohdichte bei weniger als einer Tonne pro Kubikmeter. Ein typisches Produkt hierfür ist Spritzasbest. Die Asbestfasern werden bedingt durch ihr Alter und aufgrund von Erschütterungen leicht freigesetzt. Schwach gebundener Asbest kommt auch in Leichtbauplatten, Putzen sowie älteren Elektrogeräten wie z. B. Bügeleisen oder Toastern vor. - Fest gebundener Asbest
Fest gebundener Asbest ist deutlich ungefährlicher. Er kommt in den entsprechenden Produkten nur mit einem Anteil von 10 bis 15 % vor. Solange Bauteile nicht mechanisch bearbeitet oder gar beschädigt werden, geht von ihrem Asbestbestandteil keine Gefahr aus. Ob das Bohren eines Loches, um beispielsweise ein Regal aufzuhängen, bereits gefährliche Mengen von Asbestfasern freisetzt, wird nicht einheitlich beurteilt: Während das Umweltbundesbundesamt bei einer solchen Beschädigung kein erhöhtes Risiko sieht, rät die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) in ihrer Broschüre ‚Asbest – Informationen über Abbruch, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten‘ ausdrücklich zur Vorsicht (Links: siehe www.bgbau.de und www.umweltbundesamt.de). Fest gebundener Asbest findet sich typischerweise in Blumenkästen, Rohren und Well- oder Dachplatten, die zum Teil noch bis Anfang der 1990-er Jahre hergestellt wurden.
Bauexperten gehen davon aus, dass noch 80 % der früher verbauten Asbestmenge in Gebäudeteilen vorhanden ist. In Spitzenzeiten während der 1970-er Jahre wurden in der BRD und DDR insgesamt bis zu 250.000 Tonnen Asbest pro Jahr verbraucht (Quelle: BG Bau).
Welche juristischen Regelwerke beschäftigen sich mit dem Umgang mit Asbest?
Eine ganze Reihe von Gesetzen und Verordnungen befasst sich mit dem richtigen Umgang mit Asbest:
- Das Chemikaliengesetz sieht sowohl Bußgelder als auch Strafen vor. Es verweist auf die Chemikalien-Verbotsverordnung, in der das Verbot von Asbest geregelt ist.
- Die Gefahrstoffverordnung beschäftigt sich zwar in erster Linie mit dem Schutz von Arbeitnehmern vor Gefährdungen ihrer Gesundheit durch Gefahrstoffe, sie wird aber auch dann angewendet, wenn es um den Schutz der Umwelt durch Gefahrstoffe und die Gefährdung von weiteren Personen mit ihnen geht. Wer gegen die Gefahrstoffverordnung verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat. Das höchste Bußgeld beträgt 25.000 Euro, eine Straftat kann mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden.
- Die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 519 regelt zwar hauptsächlich Angelegenheiten des Arbeitsschutzes, geht aber auch auf die Abfallentsorgung und den Umweltschutz ein.
- Die ‚Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden‘ (Asbest-Richtlinie) ist eine Technische Baubestimmung und schreibt den Umgang mit Asbestprodukten bei der Bewertung und Sanierung vor.
- Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) hat die "Leitlinie für die Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten an und in älteren Gebäuden" herausgegeben (http://www.baua.de/dok/8836860). Sie spricht alle an, die Bauprojekte planen oder bereits durchführen und dabei mit der Feststellung von Asbest an und in Gebäuden zu tun bekommen.
Woran erkennt man asbesthaltige Bauteile?
Wer nicht genau weiß, ob ein Haus Bauteile aus Asbest enthält, kann sich an einigen Kriterien orientieren:
- Wenn ein Haus zwischen 1930 und 1993 fertiggestellt und danach nicht saniert wurde, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich der Werkstoff an der Fassade, der Dachabdeckung oder an anderen Gebäudeteilen findet.
- Wenn ältere Nachtspeicheröfen vorhanden sind, lässt sich der Asbestgehalt mithilfe des Typenschildes ermitteln. Das Schild befindet sich an der Seite oder der unteren Kante des Ofens und kann mit sog. Asbestlisten abgeglichen werden. Eine Asbestliste wird u. a. vom Berliner Mieterverein zur Verfügung gestellt (www.berliner-mieterverein.de).
Doch es gibt auch Anhaltspunkte, die Asbest in Bauteilen ausschließen:
- Prägestempel mit den Kürzeln „NT“ (neue Technologie) oder „AF“ (asbestfrei) befinden sich auf Faserzementprodukten. Diese sehen asbesthaltigen Formstücken zum Verwechseln ähnlich, sodass die Stempel ein wichtiger Hinweis sind.
- Handelt es sich um asbestfreie Faserzement-Wellplatten oder große Faserzement-Fassadentafeln (Fläche größer als 0,4 m²), sind sie mit der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung ausgestattet. Dabei handelt es sich um einen Rollenstempel, aus dem das Beschichtungs- und / oder Herstellungsdatum hervorgeht.
- Asbestfreie Rohre tragen die Kennzeichnung „DIN EN 588“.
- Das Fraunhofer Informationszentrum für Raum und Bau hat ein Zulassungsverzeichnis für Bauprodukte veröffentlicht, anhand dessen mithilfe einer Zulassungsnummer oder eines Herstellungsdatums herausgefunden werden kann, ob ein Bauteil Asbest enthält. Die Datenbank geht bis auf das Jahr 1968 zurück und kann unter dem Link https://www.irb.fraunhofer.de/bzp/?lang=de aufgerufen werden.
- Sofern das Lieferdatum und der Hersteller des Produkts bekannt sind, kann beim Hersteller nachgefragt werden.
- Sollte es keine konkreten Hinweise auf die Beschaffenheit eines Bauteils geben, hilft nur die Entnahme einer Probe weiter, die in einem Labor untersucht wird. Entsprechend qualifizierte Sachverständige können hier gefunden werden:
- Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Forschungsinstitute e. V. (https://www.agoef.de/experten/mitglieder-expertensuche)
- Berufsverband Deutscher Baubiologen e. V. (https://baubiologie.net/)
- Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger (https://www.bvs-ev.de/svz/)
- Bundesweites Sachverständigenverzeichnis der Industrie- und Handelskammern (https://svv.ihk.de/svv/content/home/home.ihk)
- Gesamtverband Schadstoffsanierung e. V. (https://www.gesamtverband-schadstoff.de/16-1-mitglieder/)
Sanieren oder Abriss: Wie soll mit Asbest umgegangen werden?
Die o. g. Leitlinie der BAUA geht davon aus, dass die vor dem 31. Oktober 1993 verbauten Bauteile so lange als asbesthaltig gelten, bis das Gegenteil bewiesen wurde (sog. Beweislastumkehr).
Privatpersonen haben dann folgende Optionen:
- Sie verzichten auf eine Asbestuntersuchung.
Das ist möglich, wenn die Renovierung oder Sanierung mithilfe eines emissionsarmen Verfahrens gem. TRGS 519/DGUV 201-012 durchgeführt wird. Um welche Verfahren es sich genau handelt, steht auf der Homepage des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (www.dguv.de)
Sofern im Zuge der Bauarbeiten auch ohne Prüfung so verfahren wird, als seien asbesthaltige Bauteile vorhanden und die Vorschriften der TRGS 519 eingehalten werden, kann ebenfalls auf ein Prüfverfahren verzichtet werden. Es ist allerdings unbedingt die Beauftragung einer Fachfirma zu empfehlen. - Sofern das Material überprüft wird, ergeben sich folgende Varianten
Wenn keine Asbestfasern gefunden werden, kann unter Beachtung der üblichen Sicherheits- und Staubschutzvorkehrungen gearbeitet werden.
Wurden jedoch Asbestfasern festgestellt, muss der Abfall gem. der oben genannten Leitlinie entsorgt werden. Grundsätzlich ist es zwar möglich, sich selbst um die Asbestsanierung zu kümmern, es ist jedoch besser, hiermit eine Fachfirma mit entsprechend geschultem Personal zu beauftragen. Die Kosten können in vielen Fällen bei der Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden.
Asbestfasern können auch außerhalb von Bau- oder Abrissarbeiten freigesetzt werden: Wenn asbesthaltige unbeschichtete Fassaden- oder Dachplatten abgeschliffen, abgebürstet oder mit einem Hoch- oder Niederdruckreiniger bearbeitet werden, ist die Zahl der abgelösten Asbestfasern höher als durch den jahrelangen Witterungseinfluss. Deshalb dürfen solche Flächen nur drucklos mit Wasser, Reinigungsmittel und einem Schwamm gesäubert werden.
Hinweis:
Es gibt für Handwerksfirmen zwar grundsätzlich keine Verpflichtung, vor den Bauarbeiten Bauteile auf Asbest überprüfen zu lassen, es wird aber dringend empfohlen, wenn es Hinweise darauf gibt: Nicht nur das Gebäude, sondern auch dessen Umgebung kann mit Asbestfasern verschmutzt werden, was weitreichende Maßnahmen und somit vermeidbare Zusatzkosten und Zeit in Anspruch nehmen würde. Handwerksbetriebe haben jedoch die Pflicht, gem. der Gefahrstoffverordnung eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen, um die an der Baumaßnahme beteiligten Mitarbeiter zu schützen.